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SNB-Gewinne direkt ans Volk? Kantone kritisieren Vorschlag
«Die Nationalbank ist keine Schatzkiste»

Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse schlägt vor, Gewinne der Nationalbank direkt an die Bevölkerung zu verteilen. Die Kantone halten davon allerdings nichts – und sogar bürgerliche Politiker finden die Idee unsinnig.
Publiziert: 18.09.2024 um 01:04 Uhr
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Aktualisiert: 18.09.2024 um 10:15 Uhr
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Avenir Suisse schlägt vor, die Gewinne der Schweizer Nationalbank direkt an die Bevölkerung zu verteilen.
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Die Schweizer Nationalbank (SNB) sorgt bei Kantonen und Bund regelmässig für einen Geldsegen. Denn wenn die SNB Gewinne erzielt, muss sie einen Teil abgeben: Zwei Drittel des Teilbetrags gehen an die Kantone, ein Drittel an den Bund.

Die liberale Denkfabrik Avenir Suisse will diese Praxis nun ändern, wie Blick berichtete. Sie schlägt vor, dass die Beträge direkt an die Bevölkerung anstatt an Bund und Kantone verteilt werden. Pro Person und Jahr hätte das in den vergangenen Jahren ein Zustupf von 110 bis 440 Franken bedeutet. Der Betrag könnte etwa als Steuergutschrift erfolgen oder von den Krankenkassenprämien abgezogen werden. Dies solle die Unabhängigkeit der SNB weiter stärken, indem die Nationalbank entpolitisiert werde, so Jürg Müller (40), Direktor von Avenir Suisse.

Weniger Stabilität für die Nationalbank

Bei den Kantonen kommt dieser Vorschlag allerdings gar nicht gut an. Eine neue Verteilung bedeute für die SNB mehr Unsicherheit und weniger Stabilität, sagt Ernst Stocker (69), Präsident der Finanzdirektorenkonferenz und Vorsteher der Zürcher Finanzdirektion. «Die SNB ist nicht eine Schatzkiste, aus der man sich bedienen kann», sagt er. Die geltenden Grundlagen hätten sich bewährt und seien beizubehalten. Dieser Meinung ist auch der Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth (57): «Ich sehe nicht, wie das die Unabhängigkeit der Nationalbank stärken soll.»

Die direkte Ausschüttung wirke zwar auf den ersten Blick attraktiv, sagt Heinz Tännler (64), Finanzdirektor des Kantons Zug. Sie gefährde aber die Stabilität der SNB. «Politische Gruppen könnten vermehrt Druck auf die Nationalbank ausüben und höhere Ausschüttungen fordern.» Knapp, aber deutlich fällt die Antwort von Urs Martin (45), Finanzdirektor des Kantons Thurgau, aus. Was er vor dem Vorschlag hält? «Nichts.»

Loch in der Kantonskasse

Ganz abgesehen von der SNB hätte dieser Wechsel auch negative Auswirkungen auf die Kantone. «Der finanzpolitische Spielraum würde auf jeden Fall sinken und der Druck für Sparmassnahmen zunehmen», so Stocker.

Die Ausschüttungen der SNB spülen teils hohe Millionenbeträge in die Kantons- und Staatskassen: Insgesamt 4 Milliarden Franken waren es 2020, in den zwei Jahren darauf sogar 6 Milliarden Franken. Manchmal fallen die Zahlungen aber auch aus. Das war letztes Jahr der Fall und wird auch dieses Jahr wieder so sein. Die Nationalbank-Millionen sind ein willkommenes Geschenk, darauf verlassen können sich die Kantone aber nicht.

Wenn das Geld komme, müsse man es vernünftig einsetzen. Wenn es nicht komme, dürfe das kein Loch im Budget bedeuten, sagt Tännler. Trotzdem würden mit der vorgeschlagenen Änderung viele Kantone in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. «Insbesondere finanzschwächere Kantone könnten gezwungen sein, entweder Steuern zu erhöhen oder Investitionen zu kürzen.»

«Sozial ungerecht»

Die Finanzdirektoren weisen auch auf neue Ungerechtigkeiten hin, die eine Direktverteilung an die Bevölkerung mit sich bringen würden: Finanziell gut gestellte Personen würden dieselbe Summe erhalten wie Leute mit geringeren Einkommen. Das sei sozial ungerecht, so Tännler. Mit der heutigen Verteilung könnten die Kantone sicherstellen, dass die Mittel dort eingesetzt werden, wo sie den grössten Nutzen haben.

Doch nicht nur bei den Finanzdirektoren, die von den Nationalbankgeldern profitieren, fällt der Vorschlag durch. Auch bürgerliche Politiker im Parlament können der Forderung nichts abgewinnen. «Die SNB hat die Aufgabe, unser Finanzsystem und die Währung stabil zu halten. Dies kann sie nicht mehr unabhängig tun, wenn plötzlich die Leute nur noch an den Gewinnen interessiert sind», sagt der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen.

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