Das Sujet ist ekelhaft – für Christoph Blocher (78) aber genau richtig. Ein Apfel, zerfressen von Maden, die für die anderen Parteien stehen: Das Ungeziefer-Plakat, das die Partei enthüllt hat, sei «eine Punktlandung», findet der SVP-Übervater. «Wenn jemand etwas ‹Grusiges› macht, dann muss man das ‹grusig› darstellen», sagt er zum «Zofinger Tagblatt».
Das sieht nicht jeder in seiner Partei so. Einen offenen Aufstand gegen die Parteispitze wagt von den SVP-Kantonalpräsidenten zwar keiner. Doch begeistert sind sie definitiv nicht.
«Ich hätte ein anderes Sujet gewählt»
«Ich verstehe, wenn einige Leute erschrocken sind», sagt der Berner SVP-Chef Werner Salzmann (56). Die Nähe zu Nazi-Propaganda sei aber wohl niemandem bewusst gewesen.
Die Luzerner Präsidentin Angela Lüthold-Sidler (61) sagt: «Ich hätte wohl ein anderes Sujet gewählt.» Auch der Aargauer Thomas Burgherr (57) findet das Sujet «nicht gelungen». Es sei nicht sein Stil, andere Politiker schlechtzumachen. «Ich schätze harte Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern. Aber ich möchte mit ihnen auch ein Bier trinken gehen.»
Der St. Galler Präsident Walter Gartmann (50) räumt ein, für einige Kantone möge das Sujet falsch sein. Diese seien ja aber frei, was ihre eigene Kampagne anbelange.
Kritik zu üben, ist heikel
Deutlichere Kritik wagen die SVP-Kantonalpräsidenten nicht. Die eine oder andere Aussage wird zudem beim Gegenlesen nochmals verwässert oder wieder zurückgenommen. Das sagt einiges über den Führungsstil in der SVP aus.
Kritik an der nationalen SVP-Leitung zu üben, ist für die Kantonalpräsidenten offensichtlich heikel. Während ihre Pendants bei der FDP sich in Sachen Macht und Autonomie von der Zentrale ungern dreinreden lassen, darf bei der SVP Kritik an der Partei ungestraft nur aus Herrliberg ZH, aus dem Hause Blocher, kommen.
Freysinger verteidigt das Sujet
Lieber als über den Stil, der ihnen nicht behagt, sprechen die SVP-Kantonalchefs deshalb über Inhaltliches: «Das Wichtigste ist doch, dass die Botschaft rüberkommt», sagt der Zürcher SVP-Kantonalpräsident Patrick Walder (32). Burgherr pflichtet bei: «Seit Jahren zerstören die Linken und die Netten zusammen mit Abzocker-Managern die bewährten Tugenden, Werte und Stärken der Schweiz.» Das wolle man mit dem von Maden zerfressenen Apfel darstellen.
Immerhin: Oskar Freysinger (59), SVP-Wahlkampfleiter in der Romandie, stützt die Blocher-Linie voll und ganz. Mit antisemitischer Propaganda habe das Bild nichts zu tun, findet er. «Immer wieder wird die Nazi-Keule geschwungen, weil man sonst keine Argumente hat», so der Walliser, der einst in der Kritik stand, weil er zu Hause in seinem Büro eine Reichskriegsflagge aufgehängt hatte.
Aeschi wühlt im Archiv
Und was macht die Parteispitze? SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (40) hat ein Plakat der Stadtzürcher Bauern- und Bürger-Partei – einer Vorläuferin der SVP – ausgegraben, auf dem ein roter Wurm abgebildet ist. Dieser symbolisierte 1933 die Sozialisten – und der Spaten die Partei, die ihnen den Garaus machen will. Was Aeschi damit sagen will: Die SVP sei noch vor den Nazis auf den Wurm gekommen. Das macht das Sujet 2019 allerdings nicht weniger geschmacklos.