Sie müssten freiwillig gehen
Bund kann Eritreer nicht ausschaffen

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat den Aufenthaltsstatus von 250 Personen aus Eritrea überprüft. 20 davon sollten die Schweiz verlassen. Dies müssten die Betroffenen aber freiwillig tun, denn gezwungen werden können sie nicht.
Publiziert: 03.09.2018 um 15:54 Uhr
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Aktualisiert: 18.09.2018 um 09:43 Uhr
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Gemäss SEM-Chef Mario Gattiker können eritreische Staatsangehörige nicht gezwungen werden, in ihr Heimatland zurückzugehen.
Foto: KEYSTONE
Martina Tomaschett

Das Staatssekretariat für Migration (SEM) hat im Sommer überprüft, ob rund 250 vorläufig aufgenommene Personen aus Eritrea weiterhin in der Schweiz bleiben dürfen. Grund dafür ist ein Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts, der eine Rückkehr abgewiesener Asylsuchender aus Eritrea in ihr Heimatland als grundsätzlich zumutbar einstuft.

Nun ist die Überprüfung abgeschlossen: 20 Eritreerinnen und Eritreer müssen die Schweiz verlassen. Doch was passiert nun mit den Betroffenen? «Wir werden eine Verfügung erlassen, dass die vorläufige Aufnahme aufgehoben ist und die Personen die Schweiz zu verlassen haben», sagt SEM-Chef Mario Gattiker. Für die Ausreise werde eine Frist gesetzt.

Keine Ausschaffung möglich

Die betroffenen Eritreer können sich gegen diese Verfügung rechtlich wehren. «Sie haben die Möglichkeit, diese Aufhebungsverfügung innerhalb von 30 Tagen anzufechten», so Gattiker. Ab März 2019 stellt der Bund den Geflüchteten dafür eine kostenlose Rechtsberatung zur Verfügung. Heute bieten Hilfswerke diese Unterstützung an.

Das Problem: Auch wenn die Beschwerde abgewiesen wird, können die Betroffenen nicht nach Eritrea überstellt werden – ausser sie gehen freiwillig. «Ich sage hier ganz deutlich, dass es derzeit nicht möglich ist, abgewiesene Asylsuchende zwangsweise nach Eritrea zurückzuführen, weil das die eritreische Regierung nicht ermöglicht», führt der Staatssekretär für Migration aus.

Gattiker betont, dass die Überprüfung, die nun fortgesetzt wird, nur Personen betrifft, deren Asylgesuch abgelehnt wurde. «An der Praxis des SEM ändert sich nichts: Eritreerinnen und Eritreer, denen in ihrer Heimat Verfolgung droht, erhalten weiterhin den Schutz der Schweiz und werden als Flüchtlinge anerkannt», betont der oberste Schweizer Asylbeamte.

Kritik von Menschenrechtlern

Trotzdem liess die Kritik nicht lange auf sich warten. Amnesty International fordert, dass das SEM seinen Entscheid rückgängig macht. Es gebe nach wie vor keine konkreten Anzeichen dafür, dass sich die Menschenrechtslage in Eritrea verbessert habe, sagt Reto Rufer, Länderverantwortlicher für Eritrea bei Amnesty International Schweiz. «Im Gegenteil: In den vergangenen Monaten wurden erneut Proteste niedergeschlagen, und es kam zu Massenverhaftungen», so Rufer.

Auch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) kritisiert den Entscheid des SEM. Dieser sei absurd und unmenschlich. Wer den Schutzstatus verliere, lande in der Illegalität. Denn in die Heimat zurückkehren könnten die Geflüchteten wegen der Menschenrechtslage nicht. 

Acht bis zehn Franken Nothilfe pro Tag

Für Peter Meier, Leiter Asylpolitik der SFH, ist der Entscheid des Bundes keine Lösung, sondern politische Effekthascherei: «Solange sich die Zustände in Eritrea nicht nachhaltig verbessern und eine Rückkehr zulassen, sollte der Bund den Betroffenen den Einstieg in die Arbeitswelt 
erleichtern, statt sie in die Nothilfe abzudrängen und sich selbst zu überlassen.» 

Die Nothilfe, die die Betroffenen erhalten, variiert je nach Kanton. Meistens liegt sie zwischen acht und zehn Franken pro Tag.

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