Eltern wütend wegen Krippen-Misere
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Solidarität wird bestraft:Eltern wütend wegen Krippen-Misere

Sie müssen zahlen, obwohl die Kinder daheim bleiben
Eltern wütend wegen Krippen-Misere

Viele Eltern müssen derzeit Krippenkosten bezahlen, obwohl das Kind daheim bleibt. «Wer solidarisch ist, wird bestraft», ärgern sich Betroffene. Auch die Kitas fordern rasch eine Lösung.
Publiziert: 19.03.2020 um 17:08 Uhr
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Aktualisiert: 20.03.2020 um 08:24 Uhr
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Die Kitas sind derzeit fast leer. Auch wenn sie offiziell in vielen Kantonen nicht geschlossen sind, rufen die Behörden dazu auf, die Kinder zu Hause zu behalten.
Foto: Keystone
Lea Hartmann

Der schweizweite Notstand bedeutet für manch eine Familie eine persönliche Notlage. «Viele berufstätige Eltern sind verzweifelt», sagt Anja Knabenhans (40), Textchefin bei der Plattform «Any Working Mom», die sich für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einsetzt. Gerade für Selbständige mit Kindern könne der Lockdown existenzbedrohend sein.

Sie berichtet von einem Paar, das einen Coiffeursalon betreibt. Nun sei ihr Einkommen auf einen Schlag weg, die Kosten für die Kindertagesstätte – rund 3000 Franken pro Monat – hingegen blieben. «Sie wissen derzeit nicht, wie sie das bezahlen sollen», sagt Knabenhans. Sie selbst hat zwei Kinder, die normalerweise in die Kita gehen.

Eltern müssen trotzdem zahlen

Was vielen Eltern zum Verhängnis wird: Der Bundesrat hat entschieden, dass Kitas im Gegensatz zu Schulen weiterhin geöffnet bleiben müssen – es sei denn, die Behörden stellen eine Notbetreuung sicher. Die meisten Kitas im Land haben darum offiziell offen. Gleichzeitig rufen die Behörden aber dazu auf, dass alle, die irgendwie können, ihre Kinder nicht in die Kita schicken sollen. Die Konsequenz: In den meisten Fällen müssen die Eltern die Beiträge für die Kinderkrippe zahlen, auch wenn das Kind derzeit daheim bleibt.

Damit stehle sich die Politik aus der Verantwortung, so der Vorwurf von Eltern. «Wer solidarisch ist, wird dafür bestraft», sagt Anna Chudozilov (40). Die zweifache Mutter lebt mit ihrem Partner in Luzern, beide sind derzeit im Homeoffice und betreuen die Kinder. «Wir Familien müssen jetzt selbst schauen, wie wir uns organisieren, und trotzdem weiterzahlen. Das macht mich wütend.»

«Wir erwarten Unterstützung»

Für die Kinderkrippen ist die Situation ebenfalls schwierig. Die Kita Riedtli von Markus Marti (58) in Zürich ist fast leer. Nur noch wenige Kinder werden betreut. «Die Eltern nehmen die Situation sehr ernst und haben versucht, sich irgendwie zu organisieren», erzählt er. Dass sie trotzdem weiterhin zahlen müssen, sei auch für ihn unbefriedigend. «Aber wir brauchen die Beiträge, schliesslich müssen wir weiterhin Löhne bezahlen.» Man hoffe nun, dass eine Lösung gefunden werden könne, damit die Eltern zumindest teilweise eine Rückerstattung bekommen.

Auch in Luzern hofft man auf Hilfe. «Wir sind derzeit noch am Abklären, ob die Eltern die Beiträge weiterhin voll zahlen müssen, wenn sie die Kinder zu Haus behalten», sagt Gabriella Troller-Jenö, Vizepräsidentin des Vereins Chinderhus Maihof, der in Luzern eine Kita betreibt. Man versuche eine gütliche Einigung zu finden. «Aber wir erwarten schon, dass Bund, Kanton oder die Gemeinde uns unterstützen. Über kurz oder lang wird unser System sonst zusammenbrechen.»

Viele Kitas fühlen sich von den Behörden im Stich gelassen. «Seit Ausbruch der Epidemie hat sich niemand wirklich für uns Krippen zuständig gefühlt, wir wurden von einem Amt zum anderen geschoben», kritisiert der Zürcher Kitabetreiber Marti. Inzwischen sei die Kommunikation zum Glück etwas besser geworden.

Gewerkschaft ist empört

Schützenhilfe bekommen die Kitas von Gewerkschaftsseite. Es sei «widersinnig und verantwortungslos», den Betrieb der Kitas weiterzuführen, so der Verband des Personals öffentlicher Dienste (VPOD). Nur wenige Kantone haben die Schliessung der Kitas verfügt – es sind vor allem jene in der Westschweiz. Eine Ausnahme in der Deutschschweiz ist Basel-Stadt. Dort müssen Eltern, die die Kinder zu Hause behalten, darum auch keine Kita-Beiträge zahlen.

In Zürich, dem Kanton mit den meisten Kinderkrippen, sucht man derweil nach einer Lösung. Derzeit liefen Abklärungen auf verschiedenen Ebenen, sagt André Woodtli (57), Leiter des Amts für Jugend und Berufsberatung. «In der momentanen Situation ist Solidarität und Kulanz von allen Seiten gefordert», sagt er. Eltern müssten nun ebenfalls die nötige Flexibilität zeigen.

Auch diese kennt allerdings Grenzen. Gerade bei Familien, deren finanzielles Polster dünn ist.

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