Sicherheit statt Tempo
Ausgerechnet IT-Experten wollen E-Voting den Stecker ziehen

Die heutigen Systeme für das digitale Abstimmen und Wählen seien unsicher, manipulierbar und viel zu teuer: Diese Meinung vertritt ein Komitee von ganz links bis rechts. Es lanciert gemeinsam eine Volksinitiative, die fünf Jahre Aufschub fürs E-Voting fordert.
Publiziert: 25.01.2019 um 09:59 Uhr
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Aktualisiert: 25.01.2019 um 20:09 Uhr
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Juso-Präsidentin Tamara Funiciello ...
Foto: Keystone
Andrea Willimann
Andrea WillimannBundeshaus-Redaktorin

IT-Experten Seite an Seite mit Juso-Präsidentin Tamara Funiciello (28), Jung-SVP-Präsident Benjamin Fischer (27), SVP-Nationalrat Franz Grüter (55) und Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli (46): Eine illustre Truppe erklärt heute ab 10 Uhr in Bern, warum sie gegen das elektronische Abstimmen (E-Voting) sind und trotzdem keine «Technologieverhinderer».

E-Voting-Gegner kritisieren unausgegorenes System

Die Digitalexperten und Hacker aller Generationen verlangen für mindestens fünf Jahre ein Moratorium, bis die elektronische Stimmabgabe für Hacker nicht mehr zu knacken ist. «Sicherheit vor Tempo!», heisst ihre Devise.

Die heutigen E-Voting-Systeme seien manipulationsanfällig und viel zu teuer – das Auszählverfahren intransparent und für den Stimmbürger nicht nachvollziehbar, so ihre happigen Vorwürfe an Bundeskanzler Walter Thurnherr (55), der das E-Voting nach Kräften fördert.

Die Initianten haben drei konkrete Forderungen

Konkret will die Volksinitiative «Für eine sichere und vertrauenswürdige Demokratie» dem E-Voting solange den Stecker ziehen, bis 

  • die  wesentlichen Schritte der elektronischen Stimmabgabe von den
    Stimmberechtigten ohne besondere Sachkenntnis überprüft werden können.
  • sämtliche Stimmen so gezählt werden müssen, wie sie gemäss dem freien und wirklichen Willen der Stimmberechtigten von aussen unbeeinflusst abgegeben wurden.
  • die Teilergebnisse der elektronischen Stimmabgabe eindeutig und unverfälscht ermittelt müssen sowie nötigenfalls in Nachzählungen ohne besondere Sachkenntnis zuverlässig überprüft werden können.

So stünde es künftig auch in der Bundesverfassung.

Das Ziel: Fünf Jahre mehr Zeit

Nach fünf Jahren könnte die Bundesversammlung das Moratorium aufheben.

Das Initiativkomitee betont denn auch, dass es ihm nicht um ein generelles Verbot geht und dass es keine Anti-Digitalisierungs-Initiative ist. Tatsächlich setzt sich das Komitee durchwegs aus IT-affinen Persönlichkeiten zusammen. Viele arbeiten auch beruflich in der IT-Industrie.

«Sollte es dereinst möglich sein, ohne Risiko elektronisch abzustimmen, so werden wir die Ersten sein, die der Einführung des elektronischen Stimmkanals positiv gegenüberstehen werden», sagt Luzerner SVP-Nationalrat und IT-Unternehmer Franz Grüter.

Wesentlich sei aber, dass die Stimmbürger Vertrauen in die Wahlen und Abstimmungen haben könnten. Deren erster und offensichtlicher Zweck sei es ja zu bestimmen, wer gewonnen hat. «Wenn ein Wahlsystem aber nicht auf eine transparente und nachvollziehbare Weise genau ist, erfüllt es diese Aufgabe nicht», sagt Zürcher Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli. Demokratie lebe vom Vertrauen in die Prozesse.

E-Collecting: Komitee nutzt selbst digitale Hilfsmittel

Auf andere E-Prozesse setzen die Initianten aber ohne Zögern und Angriffe von Hackern zu begrüssen. So wollen sie Unterschriften mit Hilfe von E-Hilfe sammeln. In einer ersten Phase will das überparteiliche Komitee mit der rein digitalen Plattform We Collect 10'000 Bürger mobilisieren, die bereit sind, sich aktiv an der Unterschriftensammlung zu beteiligen. Danach ist geplant, ab Mitte Februar offiziell mit der Sammlung zu beginnen.

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