Der bestgewählte Nationalrat der Schweiz, Roger Köppel, unterstützt die Service-Public-Initiative. Der SVP-Politiker und «Weltwoche»-Chefredaktor outete sich in der neuen Ausgabe – und gibt verbal Vollgas für das umstrittene Anliegen.
Damit stellt stellt er sich gegen seine Partei. Die SVP-Fraktion lehnte die Initiative im September im Nationalrat ohne Gegenstimme ab. Einziger Abwesender bei der Schlussabstimmung war der St. Galler Lukas Reimann.
Der bekennt sich nach Köppels Outing ebenfalls zum Ja-Lager. Die Empfehlung auf seiner Facebook-Seite versieht er mit einem «besonderem Gruss an alle Abzocker-Manager, die es sich bei staatlichen Monopolbetrieben gemütlich machen».
Ebenfalls zum Pro-Lager gehört mit Olivier Kessler der «Schweizerzeit»-Chefredaktor und Initiant der No-Billag-Initiative. Er findet, die Service Public-Betriebe würden der privaten Konkurrenz zu viele Chancen verbauen.
Ausserdem wolle er nicht «den Funktionären derartige Abzocker-Saläre mitfinanzieren, wenn gleichzeitig der Service immer weiter abgebaut wird». Aus liberaler Sicht sei das Ja richtig, auch wenn «die Initiative wesentlich zu wenig weit geht».Köppel hat also bereits Bewegung ausgelöst – für die SVP macht das die Situation ungemütlich, denn gemäss erster GfS-Umfrage befürworten 52 Prozent der Basis das Anliegen.
Erstaunlich: Bis heute Morgen sass Köppel selbst im politischen Komitee gegen die Initiative. Hat der «Weltwoche»-Chef in den letzten Tagen kurzfristig seine Meinung geändert? Nein, beteuert er auf Anfrage von BLICK.
«Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie ich in dieses sicher ehrenvolle Komitee geraten bin», hält er fest. Ihm sei selbst «fast schwindlig» geworden, als er davon erfahren habe. Irgendwo müsse «ein Fehler» passiert sein. Er werde sich «streichen lassen».
Beim Komitee rund um Thomas Egger, den Chef der Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, hat man rasch reagiert und Köppels Name von der Liste entfernt. Doch wie wurde der Journalist fälschlicherweise zum Gegner des Anliegens?
Egger sagt, man habe die Namen von den Parteien erhalten, im vorliegenden Fall also von der SVP. Und tatsächlich räumt die stellvertretende Generalsekretärin Silvia Bär ein, es sei innerhalb der SVP «ein Fehler» passiert.
BLICK weiss aber auch: Der Journalist hat seine Position mit der Fraktion nicht abgesprochen. Das sorgt nicht überall für Begeisterung. Ulrich Giezendanner, der an vorderster Front gegen die Initiative kämpft, erachtet Köppels Ja zwar als unproblematisch.
Er sei davon nicht überrascht, schliesslich sei der Europa-Chef der Volkspartei «den Staatsbetrieben gegenüber» schon immer kritisch eingestellt gewesen. Giezendanner glaubt sogar, dass Köppels Engagement den Gegnern der Initiative helfe, weil nun manche Linke aus Abneigung gegen Köppel ihre Pro-Haltung überdenken würden.
Allerdings hätte es der Aargauer Nationalrat bevorzugt, wenn Köppel seine Position vorab intern offengelegt hätte. Dieser hält fest, die SVP-Fraktion habe «eine offene Diskussionskultur», da müsse man «solche Interventionen nicht vorher absprechen».
Im Unterschied etwa zur «mir sonst sympathischen FDP werden bei uns auch keine Maulkörbe verteilt», weiss der Zürcher. Ohne diese Offenheit könnte er «als Journalist gar nicht mitmachen». Fraktionschef Adrian Amstutz und Parteipräsident Albert Rösti waren heute Morgen nicht erreichbar.