Wer ist schuld am Hickhack zwischen Bern und Brüssel? Nebst dem «Praktikanten» Ignazio Cassis (56) – wie SP-Chef Christian Levrat (47) den Aussenminister betitelte – muss vor allem Chefdiplomatin Pascale Baeriswyl (49) den Kopf hinhalten.
Die SP-Staatssekretärin ist bürgerlichen Aussenpolitikern suspekt. Der Zürcher SVP-Nationalrat Roger Köppel (52) soll jüngst im Bundeshaus ihre Absetzung verlangt haben.
Vielen ist daher nur recht, wenn Cassis ein Staatssekretariat für Europafragen prüft, wie Bundespräsidentin Doris Leuthard (CVP, 54) dem «SonntagsBlick» bestätigte. Baeriswyl verlöre dann wohl die Federführung in der Europapolitik.
CVP-Aussenpolitiker sind uneins über neues Staatssekretariat
Bloss: Auch die Schaffung eines neuen Staatssekretariats ist umstritten. Besonders in Leuthards CVP. So kritisiert die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats (APK), Elisabeth Schneider-Schneiter (53): «Bundesrat Cassis soll sich inhaltlich um das Europa-Dossier kümmern und nicht um neue Strukturen.»
Schon mit Burkhalters Staatssekretären sei man nicht vom Fleck gekommen, erinnert die Baselländerin. Baeriswyl den Schwarzen Peter zuzuspielen, sei nicht fair. Könne Cassis nicht mit ihr zusammenarbeiten, solle er personelle Änderungen vornehmen, statt neue Instanzen zu schaffen und die Verwaltung aufzublähen.
CVP-Fraktionschef Filippo Lombardi (61), Präsident der APK des Ständerats, sieht das anders. Ein spezielles Staatssekretariat sei vom Bundesrat bei der Neubeurteilung seiner Europapolitik zu prüfen, findet der Tessiner. Ziel müsse sein, dass die Schweiz gegenüber der EU wieder besser agiere und rascher reagiere.
Auch die Zürcher CVP-Nationalrätin Kathy Riklin (65) begrüsst die Idee – wenn man die richtige Person finde. «Die Namen, die in den Medien publik wurden, könnten die Schweizer Europapolitik kaum verbessern.»
Bundesrat soll in EU-Fragen mit einer Stimme sprechen
Selbst aus Cassis' Partei kommen kritische Töne. «Mich irritiert an der Diskussion über ein neues Staatssekretariat, dass Leuthard dessen Prüfung bestätigte, ohne dass die Aussenpolitische Kommission davon wusste», so der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller (33). Die Federführung sei die Aufgabe von Cassis.