Sein Ex-Chef Moritz Leuenberger trauert um André Simonazzi
«Ich kämpfe mit den Tränen»

André Simonazzi bleibt als Vizekanzler in Erinnerung, der der Politik auch in Zeiten der Krise ein vertrauenswürdiges Gesicht gab.
Publiziert: 11.05.2024 um 18:58 Uhr
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Aktualisiert: 11.05.2024 um 20:24 Uhr
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So kennt ihn die Öffentlichkeit: Simonazzi leitet 2011 eine Medienkonferenz.
Foto: Keystone
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Formell ist es nur eine von vielen Spitzenpositionen im Dickicht der Bundesverwaltung. Doch übt der Vizekanzler nicht bloss die Rolle des Bundesratssprechers aus. Er vermittelt in der Demokratie zwischen Regierung und Öffentlichkeit, er ist das Gesicht der Politik gegenüber der Bevölkerung; in Zeiten, in denen die gesellschaftlichen Gräben breiter werden, wird diese Funktion immer wichtiger. Seit 2009 hatte André Simonazzi dieses Amt inne.

Der studierte Politologe war sich dieser Scharnierfunktion ganz bewusst. Entsprechend umsichtig steuerte er die Regierung kommunikativ durch schwierigste Gewässer. Womit er auch eine entscheidende Figur in der Covid-Pandemie. In der Phase zunehmender Indiskretionen war er im Hintergrund die Instanz, die sich um das Funktionieren des politischen Betriebs sorgte. 

Am Freitag wurde Simonazzi aus dem Leben gerissen. Im Alter von 55 Jahren brach er auf einer Wanderung zusammen. Der Bundesrat zeigt sich bestürzt. 

Er lebte laut seinem Umfeld gesund

Vor diesem Amt war Simonazzi Sprecher von Bundesrat Moritz Leuenberger (77). Der Zürcher hatte seinen Parteigenossen von der Caritas zum Uvek geholt und massgeblich mitgewirkt, dass er als Nachfolger von Oswald Sigg (80) zum Vizekanzler gewählt wird. Privat galt Simonazzi als humorvoller Mensch; keiner habe seinen Chef Leuenberger besser nachahmen können als er. Auf Anfrage von Blick zeigt sich Leuenberger tieftraurig. «Ich kämpfe mit den Tränen», schreibt er zunächst, um dann am Telefon den ehemaligen Mitarbeiter zu loben; «wahninnig loyal» sei er gewesen, und: «Seine Parteizugehörigkeit hat man aussen nicht bemerkt.» Er habe sich stets fair und integer verhalten.

Bundespräsidentin Viola Amherd (61) sagt zu Blick, dass die Bundesverwaltung «einen wunderbaren Menschen» verliere, «der sich mit grosser Kompetenz und viel Engagement für die Interessen der Schweiz eingesetzt hat».

Laut Simonazzis persönlichem Umfeld lebte er gesund – Rauchen und Alkohol waren nicht sein Ding. Fest steht nur: Ein Spitzenposten, wie er ihn hatte, ist ein Knochenjob. Er hinterlässt eine Frau und drei erwachsene Kinder.

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