Schweizer Zuckerindustrie bedroht
Zucker-Deal macht Welsche sauer

Deutsche Rübenbauern sollen die Zuckerfabrik in Frauenfeld retten. Dabei hätten die Romands gerne Zuckerrüben anbauen wollen – aber die Deutschen sind billiger.
Publiziert: 29.12.2015 um 20:15 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 18:53 Uhr
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Schweizer Zuckerbauern bekommen fast nichts mehr für ihre Rüben.
Foto: Bruno Engelbrecht
Von Patrik Berger

Es war ein Jahr zum Vergessen für die Schweizer Zuckerbauern. Sie bekommen fast nichts mehr für ihre Rüben. 1980 waren es 155 Franken pro Tonne. 2016 sollen es nur noch 43 Franken sein.

Doch nicht nur bei den Bauern kriselt es. «2015 wird wegen der tiefen Zuckerpreise ein schlechtes Jahr für uns», sagt Guido Stäger (55), CEO der Schweizer Zucker AG. Sie betreibt die Zuckerfabriken in Aarberg BE und Frauenfeld und gehört Bauern, Kantonen, Gemeinden und Privaten. Die Chancen, dass die Preise jemals wieder steigen, sind gering. Viele Bauern rechnen mit dem Schlimmsten und hören auf. In der Ostschweiz gar jeder zehnte. «Der Druck im Osten ist grösser als im Berner Seeland», sagt Stäger. In der Ostschweiz fällt mehr Land dem Hausbau zum Opfer. Zudem machen Gemüsebauern Rübenbauern verlockende Angebote.

BLICK weiss von Rübenpflanzern, denen 4000 Franken pro Hektar geboten wurden – ein stolzer Preis! «Grossflächige Ackerkulturen sind nicht mehr konkurrenzfähig», so Rüben­verarbeiter Stäger. Sein Problem: Je mehr Bauern aussteigen, desto schlechter ist die Fabrik in Frauenfeld ausgelastet.

«Die Schweizer Zuckerindustrie ist in ihrer Existenz bedroht. Wenn wir den Bauern keine vernünftigen Preise bezahlen können, pflanzen sie nicht mehr an», sagt Stäger. Er sucht nach Alternativen, um das Werk rentabel zu betreiben. Neu sogar in Deutschland – obwohl Dutzende Bauern aus der Waadt und dem Jura Zuckerrüben anbauen wollten. Aber sie erhielten keine Verträge. Welsche Rüben werden mit der Bahn angeliefert, die deutschen per LKW. Das ist billiger.

Den Deutschen sollen sogar 25 Prozent der Transportkosten erlassen werden. Das macht die Bauern erst recht sauer. Stäger dämpft ab, er spricht von einer Testphase. Dann kläre man ab, ob ein solches Geschäft wirtschaftlich betrieben werden könne. Viele Bauern sehen darin versteckte Subventionen. Sie befürchten, dass die Preise weiter sinken und der billige EU-Zucker den Schweizer Zucker verdrängt.

Nur wenige sagen das offen: Etwa Karl Hahn (56), Rübenproduzent aus Siegershausen TG. «Mir ist klar, dass die Fabrik auf ihre Auslastung achten muss. Dass man deutsche Rüben verarbeitet, nur weil die Transportkosten tiefer sind, geht mir aber nicht runter!»

Man werde alles dafür tun, dass es auch in zehn Jahren noch Schweizer Zucker gebe, verspricht Stäger. Er sagt aber auch: «Wenn immer mehr Schweizer ennet der Grenze einkaufen, gibt es uns bald nicht mehr.»

Jetzt fordert er einen höheren Zoll auf Importzucker. «Pro Kilo Zucker fünf Rappen mehr», sagt Guido Stäger. Dann könnten Bauern und Zuckerfabriken überleben.

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