Schweizer Teenager konservativ
Jeder Dritte will eine Frau am Herd

In vielen politischen Fragen sind sich junge Frauen und Männer einig. Doch bei familien- und gesellschaftspolitischen Themen öffnet sich die Schere deutlich. Das birgt Konfliktpotenzial.
Publiziert: 22.06.2015 um 15:29 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 12:20 Uhr
Von Ruedi Studer

Nüchtern und pragmatisch mit einer Tendenz zur politischen Mitte. Dieses Bild zeichnet eine Umfrage bei den 17-Jährigen (Blick.ch berichtete). In vielen Fragen sind sich junge Männer und Frauen einig. Doch die Studie verweist auch auf teilweise grosse Unterschiede zwischen den Geschlechtern – und diese bergen ein gewisses Konfliktpotenzial!

Tatsächlich gehen die Meinungen zwischen jungen Frauen und Männern in zentralen Fragen der Lebensgestaltung wie auch in gesellschaftspolitischen Fragen weit auseinander.

Das zeigt sich etwa beim bevorzugten Familienmodell. Nur 15 Prozent der Frauen wünschen sich eine konservativ-traditionelle Familienorganisation, in welchem sich die Vollzeit-Hausfrau um Heim und Kinder kümmert, während der vollzeittätige Vater den Ernährer gibt. Bei den Männer wünschen sich doppelt so viele dieses Modell. Jeder Dritte wünscht sich die Frau am Herd!

Frauen dagegen wünschen sich vielmehr, dass sie selber Teilzeit arbeiten können. 41 Prozent bevorzugen dabei ein Modell, in welchem beide Elternteile Teilzeit arbeiten (bei den Männern sind es 29 Prozent) und ebenfalls 41 Prozent möchten Teilzeit arbeiten, während der Mann Vollzeit tätig ist (bei den Männer mit 36 Prozent das Lieblingsmodell). Dass beide Vollzeit arbeiten, wünschen sich bei beiden Geschlechtern nur kleine Minderheiten.

«Während die jungen Männer das traditionelle bürgerliche Modell ähnlich oft als Idealmodell sehen wie die Männer in der Schweiz insgesamt, sind nur 15,4 Prozent der Frauen mit Jahrgang 1997 der Ansicht, dass Frauen mit Kindern im Vorschulalter idealerweise zuhause bleiben, dies im Vergleich zu 28,0 Prozent der Frauen in der Gesamtbevölkerung», bilanzieren die Studienautoren. «Auch bevorzugen die jungen Frauen deutlich stärker als die jungen Männer ein egalitär-familienbezogenes Familienmodell.»

Frauen offener gegenüber Minderheiten

Ein weiterer Befund: Junge Frauen sind Minderheiten gegenüber offener eingestellt als junge Männer. So befürwortet fast die Hälfte der jungen Männer ein Kopftuchverbot für Schülerinnen, aber nur 28 Prozent der Frauen.

Ein noch grösserer Geschlechterunterschied zeigt sich beim Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare. Insgesamt befürworten es zwei Drittel der 17-Jährigen – allerdings nur gut die Hälfte der jungen Männer, aber fast 80 Prozent der jungen Frauen.

Restriktiver zeigen sich die jungen Frauen hingegen, wenns ums Kiffen und Saufen geht. So lehnen junge Frauen die Legalisierung von Cannabis mit 54 Prozent ab, während eine knappe Mehrheit der jungen Männer (49 Prozent) sie befürwortet. Auch ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot in den Geschäften unterstützen leicht mehr Frauen als Männer.

Männer stehen weiter rechts

Der Unterschied der Geschlechter zeigt sich auch in der politischen Positionierung. So ordnet sich eine relative Mehrheit beider Geschlechter zwar in der Mitte ein, doch beim Rest zeigt sich: Die jungen Männer sind weiter rechts positioniert als die jungen Frauen.

Rund doppelt so viele junge Männer wie junge Frauen ordnen sich auf der rechten Seite des politischen Spektrums ein, während die Geschlechter auf der linken Seite ausgeglichen vertreten sind. Auf der Links-rechts-Skala zwischen 0 bis 10 beträgt der Mittelwert für junge Frauen 4,8, für junge Männer 5,3.

Problematische Folgen für Familiengründung

Angesichts der zunehmenden Geschlechterunterschiede in Bezug auf die Familienorganisation, aber auch bei anderen gesellschaftlichen Themen, kommen die Studienautoren zum Schluss, die Entwicklung «weiterzuverfolgen und zu beobachten».

Denn: «Sollten sich die Einstellungsunterschiede zwischen jungen Frauen und jungen Männern mit zunehmendem Alter nicht reduzieren, könnte dies problematische Folgen für die Familiengründung und -stabilität haben, da es schwieriger wird, für den eigenen Lebensentwurf einen passenden Partner oder eine Partnerin zu finden.»

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