Schweizer «Mafia-Jäger»
Alt Ständerat Dick Marty (†78) gestorben

Der frühere Tessiner FDP-Ständerat, Staatsanwalt und «Mafia-Jäger» Dick Marty ist tot. Er starb im Alter von 78 Jahren an einem Krebsleiden.
Publiziert: 28.12.2023 um 15:09 Uhr
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Aktualisiert: 28.12.2023 um 20:04 Uhr
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Der frühere FDP-Ständerat Dick Marty ist tot.
Foto: Philippe Rossier

Der frühere Tessiner FDP-Ständerat, Staatsanwalt und «Mafia-Jäger» Dick Marty ist tot. Der frühere Abgeordnete des Europarats und Mitglied der OSZE-Kommission für Menschenrechte starb am Donnerstag im Alter von 78 Jahren, wie seine Partei bestätigte.

«Mit grosser Trauer haben wir vom Tod des ehemaligen Ständerats Dick Marty erfahren», twitterte die FDP. Und sprach Martys Angehörigen ihr Beileid aus.

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Der 1945 in Lugano geborene Jurist war von 1975 bis 1989 Staatsanwalt im Tessin und danach bis 1995 Regierungsrat, ehe er von 1995 bis 2011 im Ständerat sass. Er zählte zum linksliberalen Flügel seiner Partei.

Ab 1998 war er Abgeordneter im Europarat. Dort machte er sich einen Namen als Sonderermittler zu umstrittenen CIA-Gefangenentransporten und geheimen Gefängnissen in Europa. Marty hatte als Sonderberichterstatter des Europarates 2010 einen Bericht über mutmassliche Kriegsverbrechen durch kosovarische Milizen im Unabhängigkeitskrieg gegen Serbien veröffentlicht.

Nach dem Kosovo-Krieg wurden laut Martys Bericht mehr als 400 Serben und «nicht-loyale» Albaner gekidnappt und nach Albanien gebracht. Dort wurden ihnen illegal Organe entnommen. Kosovos damaliger Premier Hashim Taci (55) hatte Marty unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe mit Joseph Goebbels verglichen. Die Anschuldigungen Martys wies der ehemalige Rebellenführer zurück. Die Erkenntnisse des ehemaligen Tessiner Ständerates dienten 2020 der Anklage im Kosovo-Sondergericht in Den Haag (Niederlande) gegen den langjährigen kosovarischen Präsidenten Taci, welcher daraufhin von seinem Amt zurücktrat.

Unter Polizeischutz

Der ehemalige Tessiner Ständerat lebte monatelang unter strengem Polizeischutz. Laut dem «Tages-Anzeiger» haben geheimdienstliche Verstrickungen und Mordpläne gegen den ehemaligen Tessiner Staatsanwalt zur Verstärkung des Sicherheitsdispositivs geführt. Die Zeitung stellt eine Verbindung her zu Martys früherer Tätigkeit als Sonderermittler im Auftrag des Europarates für Kriegsverbrechen im Kosovo.

In einem Interview mit dem Westschweizer Fernsehen RTS erklärte Marty 2022 selber, dass die Bedrohung offenbar aus bestimmten Kreisen des serbischen Geheimdienstes komme. Diese hätten professionelle Killer beauftragt, ihn zu liquidieren, um die Schuld dann auf die Kosovaren schieben zu können.

Einsatz für Konzernverantwortung

Marty war auch von 2011 bis zu ihrer Auflösung Ende 2017 Präsident der Interjurassischen Versammlung (IJV). Das Gremium wurde für die Beilegung des Jurakonflikts gebildet.

Marty arbeitete zudem Teilzeit als Rechts- und Wirtschaftsberater. Auch politisch blieb er aktiv und setzte sich für die Konzernverantwortungs-Initiative ein, die 2020 zwar vom Volk angenommen wurde, aber am Ständemehr scheiterte.

Marty starb an Krebs

Vergangenen April erfuhr Marty, dass er an Krebs leidet, wie der «Corriere del Ticino» berichtet. Er verstarb im Kreise seiner Lieben in seinem Haus in Fescoggia TI, nachdem sich sein Gesundheitszustand in den letzten Tagen plötzlich verschlechtert hatte.

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Die Betroffenheit ist weit über die FDP hinaus gross. So bekundet auch Bundespräsident Alain Berset (51) via X seine Trauer und würdigt Marty: «Er setzte sich unermüdlich für eine offene Schweiz, für Menschenwürde und den Rechtsstaat ein», twitterte der SP-Magistrat. (SDA/rus)

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