Fitnesskurse und Krafttraining auf Krankenkassenkosten? Geht es um Prävention gegen gesundheitliche Schäden, möchten die Schweizer Stimmbürger die Kassen stärker in die Pflicht nehmen: 64 Prozent der 1210 Befragten möchten nämlich, dass die Grundversicherung Vorbeugungsmassnahmen berappt.
Ein neuer Höchstwert, wie der GFS-Gesundheitsmonitor 2015 zeigt. Mit einer Zunahme um 6 Prozent allein im Vergleich zum Vorjahr.
«Seit 2008 haben wir steigende Werte. Das zeigt: der Präventionsgedanke kommt bei den Leuten an», sagt Claude Longchamp vom Meinungsforschungs-Institut GFS Bern dazu. «Prävention ist für die Leute etwas Wichtiges, das auch von den Krankenkassen finanziert werden soll. Wer sich korrekt verhält, wird finanziell unterstützt!»
Gesellschaft wirkt auf gesundes Leben hin
In den letzten zehn Jahren habe richtiggehender Paradigmenwechsel Richtung 'Public Health' stattgefunden, analysiert Longchamp die Entwicklung.
«Nicht nur der Arzt soll seinen Patienten beeinflussen und vor grossen gesundheitlichen Schäden bewahren, sondern auch die Öffentlichkeit – etwa der Staat durch Präventionskampagnen», so Longchamp. «Die Gesellschaft wirkt immer mehr darauf hin, dass man gesund lebt.»
Kein Pardon bei Selbstverschulden
Der zunehmende Stellenwert des Präventionsgedanken wirkt sich auch anderweitig aus, wie die Zahlen belegen. Dort, wo gesundheitliche Schäden quasi selbstverschuldet sind, kennen die Befragten wieder weniger Pardon. So finden nur noch 42 Prozent, dass die Grundversicherung bei Schäden durch Rauchen oder Alkohol berappen soll.
Bloss je etwa die Hälfte sieht die Kassen bei der ärztlich verordneten Heroinabgabe oder bei Drogenabhängigkeit in der Pflicht. Und auch gewichtsbedingte Beschwerden wollen nur 52 Prozent durch die Grundversicherung bezahlt sehen.
«Raucher, Alkoholkranke oder Übergewichtige kommen wieder stärker unter moralischen Druck, ihre individuelle Verantwortung wahrzunehmen», kommentiert Longchamp das Resultat. «Das wird von der Gesellschaft eingefordert, gerade auch wegen der volkswirtschaftlichen Schäden, die durch ihr Verhalten verursacht werden.»
Allerdings wollten die Leute keinen Zwang und keine Verbote, sondern durch Anreize und Information eine Verhaltensänderung erreichen.
Am Leistungskatalog wird nicht gerüttelt
Trotz steigender Gesundheitskosten mag eine Mehrheit am Status Quo beim Leistungskatalog nicht wirklich rütteln. 57 Prozent möchten den Leistungskatalog der Grundversicherung so belassen, wie er ist. 31 Prozent sprechen sich gar für einen Ausbau aus. Nur 7 Prozent befürworten einen Abbau.
Wenns ums Sparen am eigenen Leib geht, sind die meisten unter gewissen Bedingungen für Einschränkungen bei der Spitalwahl oder bei der Therapiewahl bereit. Wo eine satte Mehrheit von 65 Prozent aber «auf keinen Fall» eine Einschränkung in Kauf nehmen will, ist beim Zugang zu neuen Medikamenten oder Behandlungsformen. Und auch die freie Arztwahl bleibt weitgehend ein Tabu: Für 54 Prozent kommt eine Beschränkung nicht in die Tüte.