Schweizer Bauern zum Landwirte-Aufstand in Deutschland
«Ein solcher Protest ist in der Schweiz nicht angebracht»

Schweizer Bauern solidarisieren sich mit den wütenden Landwirten in Deutschland. Auf die Strasse gehen wollen sie aber nicht. Der oberste Bauer erklärt, warum.
Publiziert: 08.01.2024 um 12:00 Uhr
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Aktualisiert: 08.01.2024 um 13:12 Uhr
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Landesweit haben am Montagmorgen Bauern in Deutschland mit ihren Traktoren Autobahnauffahrten blockiert.
Foto: IMAGO/Andre März
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Lea HartmannRedaktorin Politik

Sie legen mit Traktor-Korsos den Verkehr lahm, blockieren Autobahnauffahrten und entzünden Mahnfeuer. In Deutschland sind am Montag Tausende Bauern und Bäuerinnen auf die Strasse gegangen, um gegen Sparpläne der Regierung zu protestieren.

Die Proteste der Landwirte in Deutschland beschäftigen auch die Schweizer Bauern. Der Zürcher Bauernverband solidarisiert sich mit den Berufskolleginnen und -kollegen beim nördlichen Nachbarn. Man habe «vollstes Verständnis» für friedliche Protestaktionen, schreibt der Verband in einer Mitteilung. Die deutsche Regierung setze «die Zukunft der Bauern und der eigenen Landesversorgung bewusst aufs Spiel».

Schweizer Bauernverband bremste

Mehr als Solidaritätsbekundungen ist aus der Schweiz allerdings nicht zu erwarten. Zahlreiche Landwirte hatten sich in den vergangenen Tagen zwar bei den Bauernverbänden gemeldet, weil sie sich überlegten, die deutschen Kollegen mit Protestaktionen zu unterstützen. Doch die Verbände bremsten.

«Ich habe Verständnis, dass sich die Bauern in Deutschland wehren», sagt Markus Ritter (56), Präsident des Schweizerischen Bauernverbands. Weil sie in der Regierung keine Stimme hätten und auch sonst wenig mitreden können, bleibe ihnen praktisch nichts anderes übrig, als mit den Traktoren aufzufahren. «Sie sind zurzeit ohnmächtig gegenüber den Entscheiden der Politik», sagt der St. Galler Mitte-Nationalrat.

«Kann ich mir in der Schweiz nicht vorstellen»

Ganz anders hierzulande. Nicht nur sitzen mit den beiden SVP-Bundesräten Guy Parmelin (64) und Albert Rösti (56) sowie SP-Bundesrat Beat Jans (59) gleich drei gelernte Landwirte und studierte Agronomen in der Landesregierung. Auch im Parlament sind die Bauern massiv übervertreten – und eine politische Macht, von denen Bauern aus anderen europäischen Staaten nur träumen können. Das politische System in der Schweiz erlaubt Verbänden zudem viel mehr Mitwirkung.

«So etwas kann ich mir in der Schweiz momentan nicht vorstellen», sagt Ritter deshalb mit Blick auf Deutschland. Auch der Zürcher Bauernverbandspräsident und Zürcher SVP-Nationalrat Martin Haab (61) findet: «Ein solcher Protest ist hierzulande nicht angebracht.»

Parlament blockte Kürzungen ab

Die Wut der Bauern hat sich in Deutschland an den Plänen entzündet, Vergünstigungen für Bauern beim Diesel und der Kfz-Steuer zu streichen. Auch in der Schweiz profitiert die Landwirtschaft von verbilligtem Diesel und günstigeren Motorfahrzeugsteuern zum Beispiel für Traktoren. Anläufe, diese zu streichen oder zu kürzen, hat das Parlament bisher stets abgeschmettert.

«Würde es aber auch in der Schweiz so weit kommen, dann würden die Schweizer Bauern wohl auch auf die Strasse», sagt Haab. In der Vergangenheit haben sie dies schliesslich auch schon getan. Die letzte Grossdemo fand 2015 statt: Über 10'000 Landwirte gingen in Bern auf die Strasse, um gegen Kürzungen der Direktzahlungen zu protestieren. Auf Traktoren und Tiere verzichtete man aber bewusst, um die Demo unter Kontrolle zu behalten, sagt Ritter. Kuhglocken mussten reichen.

«Kei Buure, kei Esse», stand damals auf Transparenten, mit denen die Bauern durch die Berner Innenstadt zogen. Denselben Slogan kann man nun auf deutschen Traktoren lesen.

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