Es ist ein symbolischer Entscheid. Denn seit dem Nein zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Dezember 1992 ist das wenige Monate zuvor überreichte EU-Beitrittsgesuch der Schweiz Makulatur. Dennoch war das in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom Bundesrat in französisch verfasste Schreiben immer wieder Gegenstand von emotionalen Debatten.
Jetzt zieht das Parlament den Schlussstrich. Der Ständerat hat gestern mit 27 zu 13 Stimmen bei 2 Enthaltungen den Bundesrat beauftragt, er müsse von Brüssel das Gesuch zurückverlangen. Damit besiegelt die Schweiz eine Woche vor der «Brexit»-Abstimmung in Grossbritanniens ihren Wunsch der Eigenständigkeit – quasi den Schweizer Exit, den «Schwexit».
FDP-Ständerat Damian Müller sagte im Rat: «Es geht darum, jetzt reinen Tisch zu machen.» Der parteilose Thomas Minder ergänzte: «Wollen wir das endlose Thema wirklich nochmals 24 Jahre vor uns herschieben?» Symbolisch am 1. August solle der Bundesrat das Gesuch zurückziehen – und sich dann wichtigeren Themen widmen.
Christian Levrat (SP) kämpfte für ein Nein: Es sei ein «politischer Zirkus» immer wieder den Rückzug des Gesuchs zu fordern. Weil das Schreiben ohnehin wirkungslos sei. Auch Filippo Lombardi (CVP) findet die Übung «lächerlich» – und kündigte an, sich zu enthalten.
«Wenn das Gesuch keine Bedeutung mehr hat, wieso hängt dann der Bundesrat daran?», konterte Hannes Germann (SVP). Ein Ja sei kein Affront gegen Brüssel sondern ehrliche Politik.
Bereits im März hatte der Nationalrat den Vorstoss von SVP-Nationalrat Lukas Reimann angenommen – mit 126 zu 46 Stimmen. Aussenminister Didier Burkhalter kämpfte vergeblich. Das Beitrittsgesuch sei bereits seit dem Volks-Nein zum EWR gegenstandslos. Die EU betrachte die Schweiz nicht mehr als Beitrittskandidatin, so der FDP-Bundesrat. Und: Das Beitrittsgesuch beeinflusse die Verhandlungen der Schweiz mit der EU in keiner Weise.
Vergebens. Nun muss der Neuenburger die Herausgabe des Dokuments verlangen. Ob die Brüssler Funktionäre den Brief überhaupt noch auffinden, ist indes unklar.