Economiesuisse hat heute vor den Medien Bern für das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU geworben. Nicht aus echter Begeisterung, sondern aus dem Urteil heraus, dass es keine andere gleichwertige Beziehung zwischen der Schweiz und der EU geben kann. Die Schweiz habe die Wahl zwischen einem Verlust der Wettbewerbsfähigkeit oder weniger Selbstständigkeit.
Economiesuisse befürwortet das institutionelle Abkommen aber auch, weil es den diskriminierungsfreien Zugang von Schweizer Unternehmen zum europäischen Binnenmarkt sichern würde. Die Wirtschaft habe ein vitales Interesse, den bilateralen Weg mit der EU fortzuführen. «Über 20 Prozent der Netto-Wertschöpfung hängen von Exporten in die EU ab», sagte Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer (59).
Das Ja wird an Antworten auf drei Fragen geknüpft
Zugleich kann sich der Dachverband der Schweizer Wirtschaft nicht zu einem klaren Ja durchringen. Er erwartet vom Bundesrat bis Mitte Mai in drei «ebenso wichtigen» Punkten Klärung:
- Economiesuisse will von der EU zugesichert haben, dass nur Marktzugangsregeln von der Pflicht zur dynamischen Rechtsübernahme durch die Schweiz betroffen sind. Dies sei vor allem wichtig in Bezug auf die Unionsbürgerrichtlinie: «Die politischen Rechte sind nicht marktzugangsrelevant und müssen daher explizit aus dem Rahmenabkommen ausgeschlossen werden», so Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl (56).
- Da der Wirtschaftsdachverband ebenfalls die bestehenden flankierenden Massnahmen – also den Schweizer Lohnschutz – auf dem geltenden Standard halten will, möchte er eine Klarstellung von der EU, dass das System der Sozialpartnerschaft in der Schweiz und paritätischen Konrollen nicht eingeschränkt wird.
- Weiter hat Economiesuisse Fragen zu den staatlichen Beihilfen: Er will geklärt haben, wie sich das Rahmenabkommen auf das schweizerische Subventionsrecht und das föderale System auswirke.
Economiesuisse betonte vor den Medien, dass sie diese Klarstellungen nicht für die politische Bühne stellt und einzig auf Vorteile für die Debatte mit den Gegnern des Rahmenabkommens zielt. «Das ist keine Phantomdiskussion», stellte Karrer klar. «Ohne eine Klärung geht es nicht.» Economiesuisse werde die Zustimmung zum Rahmenabkommen neu bewerten müssen, falls die Punkte nicht geklärt würden.
Politik aus Schockstarre wecken
Weiter zeigte sich Direktorin Rühl überzeugt, dass die Präzisierungen auch dazu führen, dass die Politik – die «in eine Art Schockstarre» gefallen sei – ihre Verantwortung wieder wahrnehme. Die Diskussionsverweigerung, die einzelne Parteien betrieben, sei nicht zielführend, meinte sie bezogen auf SVP und SP.
Auf den Einwand, dass die EU ja gar nichts von Nachverhandlungen wissen wolle, entgegnete Karrer wiederum: «Drei, vier Präzisierungen – nicht 50 ! – das sollte möglich sein.» Und Rühl meinte, dass Economiesuisse schliesslich keine Ansprüche an die rechtliche Form der Klärungen stelle: Diese könnte ganz unterschiedlich ausfallen.
Economiesuisse hofft also auf diesen Weg. Sonst sieht sie schwarz für ein neues Rahmenabkommen mit der EU: «In nächster Zukunft wäre es wenig wahrscheinlich, dass echte Alternativen auf den Tisch kommen würden», so Karrer.