CVP-Präsident Gerhard Pfister hat sich gegen das Rahmenabkommen mit der EU ausgesprochen. «Alle Parteien zieren sich seit Jahren davor, als erste zu sagen, es sei tot», sagt er im Interview mit dem «Tages-Anzeiger». Doch das EU-Rahmenabkommen habe noch nie gelebt. Ohne substanzielle Verbesserungen bei Nachverhandlungen sei der Vertrag für die Schweiz ungenügend.
Cassis müsse jetzt liefern
Für Pfister ist eine grosse Schwachstelle nach wie vor der vorgeschlagene Mechanismus zur Streitbeilegung. «Wir müssen endlich über das grundlegende Problem reden: die Souveränität. Die Rolle des Europäischen Gerichtshofs im Rahmenabkommen ist toxisch», sagt der CVP-Parteichef. Es könne nicht sein, dass ein einseitig europäisches Gericht über das Verhältnis zwischen der EU und einem Nichtmitglied entscheide.
Das Rahmenabkommen mit der EU sei «die grosse Lebenslüge» des Bundesrates, kritisierte er zudem. «Sie glaubten viel zu lange, das sei schon irgendwie zu regeln.» Pfister nimmt Cassis in die Pflicht: «Wenn es scheitert, dann in seinem Departement, das jetzt liefern muss.»
Grösster Knackpunkt Unionsbürger-Richtlinie
Beim Lohnschutz hingegen, der für die Gewerkschaften zentral ist, werde die Schweiz eine Lösung mit der EU finden, zeigt sich Pfister überzeugt. Unter der Voraussetzung, dass es gelingt, das bisherige Schutzniveau zu sichern. «Der grösste Knackpunkt ist die Unionsbürgerrichtlinie. Damit würde die Schweiz in die EU faktisch integriert», sagt er.
Diese Richtlinie dehne den Gedanken der Personenfreizügigkeit aus. EU-Bürger erhielten dadurch neu das Recht auf Sozialleistungen und Renten, für die sie kaum Beiträge geleistet hätten, kritisiert Pfister. Er habe erhebliche Zweifel, ob die EU bereit sei, der Schweiz dabei entgegenzukommen. «Gut möglich, dass die EU zum Schluss kommt, das Abkommen sei tot», so der CVP-Präsident.
Kritik an der SVP
Pfister übt im Interview nicht nur Kritik am Bundesrat, sondern auch der SVP. Dass Bundesrat Ueli Maurer im SVP-Extrablatt Position für die Begrenzungs-Initiative bezog und damit am Kollegialitätsprinzip ritzte, ärgert den Nationalrat. «Damit mag er bei seiner Partei punkten, aber für die Schweiz ist das schädlich. Dieses Verhalten wird ihm um die Ohren fliegen, wenn er selbst eine Vorlage vor dem Volk zu vertreten hat.»
Maurers Verhalten schade aber in erster Linie der SVP. «Wenn ein Mitglied der Landesregierung ständig Opposition betreibt, drängt sich die Frage auf, ob die Konkordanz noch etwas nützt», so Pfister. Er frage sich, ob die SVP überhaupt noch Bundesratspartei sein wolle. Doch auch am Potenzial der SVP als Oppositionspartei zweifelt er: «Eine Oppositionspartei müsste die Regierungsparteien vor sich hertreiben. Ich glaube nicht, dass die jetzige SVP dazu in der Lage wäre.» (SDA/lha)