Wenn die SVP-Initiative «Landesrecht vor Völkerrecht» von Volk und Ständen angenommen werde, könnte sie den Schutz der Menschenrechte in der Schweiz schwächen. Sie könnte zur Kündigung der Europäischen Menschenrechtskonvention führen, heisst es in einem am Dienstag in Strassburg veröffentlichten Bericht des Europarates.
Der Menschenrechtskommissar des Europarats, Nils Muiznieks (53), empfahl den Schweizer Behörden einen Mechanismus einzuführen, der die Vereinbarkeit zwischen den Volksinitiativen und internationalen Vereinbarungen über Menschenrechte überprüfe.
Es sei wichtig eine Lösung zu finden, mit der die demokratischen Werte von Volksinitiativen bewahrt und gleichzeitig der Schutz der Menschenrechte in der Schweiz gewährt bleibe, sagte Muiznieks weiter.
Mit der Selbstbestimmungsinitiative der SVP soll das Schweizer Recht über internationale Bestimmungen gestellt werden. Ausnahmen bilden zwingende Bestimmungen wie etwa das Verbot von Folter, Völkermord oder Sklaverei. Die Schweiz hat insgesamt rund 4000 internationale Vereinbarungen abgeschlossen.
Burkhalter: Initiativrecht ein Grundpfeiler der Demokratie
In der auf der Internetseite des Europarates veröffentlichten Antwort der Schweiz nimmt der scheidende Aussenminister Didier Burkhalter (57) Kenntnis von der Besorgnis von Muiznieks. Er rief gleichzeitig in Erinnerung, dass das Initiativrecht in der Schweiz einen der Grundpfeiler der Demokratie darstelle. Es erlaube dem Schweizer Volk, aktiv an der politischen Debatte teilzunehmen und diese voranzutreiben.
Wie bereits in der Vergangenheit werde die Schweiz eventuelle Konflikte zwischen den Verfassungsbestimmungen und den internationalen Verpflichtungen pragmatisch lösen, und zwar mit dem Respekt des Volkswillens und jenem der internationalen Verpflichtungen.
Burkhalter trat auch der Kritik von Muiznieks im Asylbereich entgegen. Es sei nicht der Fall, dass die Schweizer Behörden Flüchtlingen des syrischen Konflikts nur selten Asyl gewährten. Im Durchschnitt hätten dieses Jahr 26 Prozent der Flüchtlinge Asyl erhalten, bei den Syrern seien es sogar 43 Prozent gewesen gegenüber 36 Prozent im Vorjahr. (SDA)