Ruft ein Krankenkassenmakler an, hängt Therese M.* (56) aus Schwanden GL sofort auf. Sie will unter keinen Umständen Gefahr laufen, ein zweites Mal in den Strudel zu geraten, aus dem sie sich die vergangenen fünf Jahre mühsam herausgekämpft hat.
M.s Problem: Sie war bei zwei Krankenkassen gleichzeitig grundversichert. Von Gesetzes wegen ist das eigentlich verboten. Wie BLICK berichtete, ist die Glarnerin kein seltener Einzelfall. 2017 befanden sich laut Bundesrat mehrere Tausend Versicherte in einer sogenannten Doppelversicherungssituation.
Eine offene Rechnung wurde ihr zum Verhängnis
Begonnen hat der «Seich», wie M. das Erlebte rückblickend bezeichnet, 2014 mit einem gut gemeinten Rat eines Kollegen. «Ich bin nicht die, die jedes Jahr die Krankenkasse wechselt. Auf seine Empfehlung hin habe ich es dann doch getan», erzählt M., die bei einer Behörde arbeitet. Von der CSS sollte es zur für sie günstigeren Groupe Mutuel gehen.
Was M. nicht bewusst war – und worauf sie beide Kassen laut ihren Angaben nicht aufmerksam machten: Bei der CSS stand sie zum Zeitpunkt der Kündigung noch in der Kreide. Eine verschwitzte Rechnung von rund 300 Franken hatte zur Folge, dass die Kündigung bei der alten Kasse nicht gültig war. Denn wechseln kann nur, wer alle offenen Posten beglichen hat. Die CSS versichert auf Anfrage von BLICK, dass Versicherte mit Ausständen jeweils per Brief informiert würden, dass ein Kassenwechsel nicht möglich sei. Im Fall M.s war es das offenbar aber doch.
Das volle Ausmass des Problems wurde M. erst bewusst, als plötzlich eine Betreibung für die nicht bezahlten Prämien ins Haus flatterte. «Ich dachte, mit dem Nachzahlen der offenen Rechnung sei das Ganze erledigt», sagt sie. Doch weit gefehlt. Das Durcheinander hatte zur Folge, dass M. am Schluss auch von der Groupe Mutuel betrieben wurde.
Inzwischen hat sie die doppelt gezahlten Prämien zwar rückerstattet bekommen. Das «Riesentheater» kostete sie aber nicht nur jede Menge Nerven, sondern wegen der Betreibungen auch eine Stange Geld. «Es ist ein Teufelskreis», sagt Therese M.
Besonderes Risiko: Makler
Auch Morena Hostettler Socha (57), Geschäftsleiterin der Ombudsstelle Krankenversicherung, warnt: «Beim Krankenkassenwechsel gibt es ganz viele Fallen.» Ein besonderes Risiko stellen laut Hostettler dubiose Makler dar. «Das ist bei uns ein Dauerbrenner.» Besonders dreist: Ausländische Vertreter nehmen Landsleute ins Visier, um ihr Vertrauen und die schlechten Deutschkenntnisse auszunutzen. «Das sind die traurigsten Fälle», sagt Hostettler.
Eva Zanetti (64) aus Chur hat einen solchen hautnah miterlebt. Sie half 2016 einer Familie aus Ungarn, die mit der Situation überfordert war. «Die Maklerin, eine Frau aus der Slowakei, konnte ein bisschen Ungarisch. Sie hat die Familie zu einem Wechsel überredet und versprochen, sich um alles zu kümmern», erzählt sie. Doch als es mit der Kündigung nicht klappte, erhielt die Familie monatelang doppelt Rechnungen – und bald auch Betreibungen. Mehrere Monate dauerte es, bis Zanetti die Familie aus der misslichen Lage befreien konnte.
Expertin Hostettler rät Betroffenen, sich in einer solchen Situation umgehend zu melden. Im Moment klingle das Telefon bei der Ombudsstelle Krankenversicherung wegen solcher Fälle noch wenig. «Aber das wird sich, wenn Ende November die Wechselfrist abläuft, leider bald ändern.»
* Name geändert
Was tun, um nicht in der Doppelversicherungsfalle zu landen? Morena Hostettler Socha von der Krankenkassen-Ombudsstelle hat wichtige Tipps auf Lager:
- Bevor Sie die Grundversicherung kündigen, sollten Sie sich versichern, dass bei der bisherigen Krankenkasse keine Rechnungen offen oder Verlustscheine vorhanden sind. Am besten lassen Sie sich das per Einschreiben bestätigen.
- Achten Sie zudem darauf, rechtzeitig zu kündigen (Stichtag: letzter Arbeitstag im November). Vorsicht: Nicht das Datum auf dem Poststempel zählt, sondern dann, wenn die Kündigung auf dem Schreibtisch des Sachbearbeiters landet. Auch die Kündigung deshalb per Einschreiben schicken.
- Kümmern Sie sich selbst um den Papierkram und vertrauen Sie nicht blind einem Makler. Sie können sein Kündigungsschreiben zwar als Vorlage nehmen. Schicken Sie es aber lieber selbst ab.
- Sollten Sie trotz allem plötzlich zwei Prämienrechnungen erhalten: Melden Sie sich bei der Ombudsstelle Krankenkasse. Deren Beratungen sind gratis.
Was tun, um nicht in der Doppelversicherungsfalle zu landen? Morena Hostettler Socha von der Krankenkassen-Ombudsstelle hat wichtige Tipps auf Lager:
- Bevor Sie die Grundversicherung kündigen, sollten Sie sich versichern, dass bei der bisherigen Krankenkasse keine Rechnungen offen oder Verlustscheine vorhanden sind. Am besten lassen Sie sich das per Einschreiben bestätigen.
- Achten Sie zudem darauf, rechtzeitig zu kündigen (Stichtag: letzter Arbeitstag im November). Vorsicht: Nicht das Datum auf dem Poststempel zählt, sondern dann, wenn die Kündigung auf dem Schreibtisch des Sachbearbeiters landet. Auch die Kündigung deshalb per Einschreiben schicken.
- Kümmern Sie sich selbst um den Papierkram und vertrauen Sie nicht blind einem Makler. Sie können sein Kündigungsschreiben zwar als Vorlage nehmen. Schicken Sie es aber lieber selbst ab.
- Sollten Sie trotz allem plötzlich zwei Prämienrechnungen erhalten: Melden Sie sich bei der Ombudsstelle Krankenkasse. Deren Beratungen sind gratis.