Schützenhilfe für Banken
Steuerrabatt für Bussen im Ausland

Bürgerliche Politiker drängen im Parlament auf eine Lösung, die Schweizer Firmen bei Strafzahlungen im Ausland unter die Arme greifen soll.
Publiziert: 13.08.2017 um 19:59 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 08:00 Uhr
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Peter Föhn (SVP), Ständerat aus dem Kanton Schwyz.
Foto: Reuters
Simon Marti

Was mussten sich die Schweizer Banker nicht alles anhören! Durch die Finanzkrise, deren Anfänge sich gerade zum zehnten Mal jähren, wurden die Herren des Geldes zu Buhmännern der Nation. Die UBS musste mit Steuergeld gerettet werden, das Bankgeheimnis fiel, Milliardenbussen in den Vereinigten Staaten trübten die Geschäftsergebnisse.

Die Institute hatten dafür zahlen müssen, dass sie ihren US-Kunden über Jahrzehnte behilflich gewesen waren, Steuern zu hinterziehen. Ein Vergehen, bei dem die dortigen Staatsanwälte, aber auch deren Kollegen in Frankreich oder Deutschland, keine Gnade kennen.

2015 erwachte im Parlament die Liebe für die Sünder von einst

Mit dem Rechtsruck bei den Wahlen vom Herbst 2015 aber erwachte im Parlament dann doch wieder die Liebe für die Sünder von einst. Nach dem Willen prominenter Wirtschaftspolitiker sollen Schweizer Finanzinstitute Schützenhilfe aus Bern bekommen. Mitglieder der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK) drängen darauf, dass Schweizer Firmen Bussen, die sie im Ausland aufgebrummt bekommen, von den Steuern abziehen können. Ein kritisches Mitglied des Gremiums: «In der Kommis­sion wird von bürgerlicher Seite offen argumentiert, die Amerikaner wollten unsere Banken ausnehmen! Man müsse ihnen helfen.»

Die Kritisierten sehen das anders. Der Vorwurf einer Sonderregelung für die Banken stimme nicht, so ein bürgerliches WAK-Mitglied. «Heute sind vielmehr Firmen aus anderen Branchen betroffen, die im Ausland gebüsst werden.» Doch dass die Vereinigten Staaten in der Vergangenheit Schweizer Banken regelrecht abkassiert hätten, könne ja wohl kaum bezweifelt werden.

«Wer gegen Schweizer Recht verstösst, darf die Strafe sicher nicht abziehen»

Ständerat Peter Föhn (64) vertritt die SVP in der WAK: «Meine persönliche Meinung ist klar: Wer gegen Schweizer Recht verstösst, darf die Strafe sicher nicht von den Steuern abziehen», so der Schwyzer. Dann fügt er eine Frage an: «Was geschieht mit Firmen, die im Ausland gebüsst werden, sich aber nach Schweizer Recht korrekt verhalten haben?» Und stellt fest: «Diese Grenze ist unglaublich schwer zu ziehen.» Es könnte sich ja auch um einen korrupten Staat handeln.

Föhn weiter: «Viele Betriebe, zum Beispiel Banken, verpflichten sich aussergerichtlich zu hohen Zahlungen. So gesehen, gehören diese zum geschäftlichen Aufwand und sollten abgezogen werden können.» Das Geschäft sei nächstens wieder in der Kommission traktandiert. «Es wird nicht einfach, eine gerechte Lösung zu finden.»

Raffinierte Taktik der Bürgerlichen

Die Taktik der Bürgerlichen ist raffiniert: Sie benutzen ausgerechnet einen Gesetzesentwurf als Vehikel ihrer Politik, der im Grunde das Gegenteil erreichen will: Das sogenannte «Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen».

Dieses geht auf einen angenommenen Vor­stoss des BDP-Ständerats Werner Luginbühl (59) zurück. Der Berner, der nicht Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben ist, reagiert denn auch überrascht. Zwar gebe es einige offene rechtliche Fragen bei der Behandlung finanzieller Sanktionen zu klären. Aber der Grundsatz gelte weiterhin: «Bussen und Strafen im Ausland sind aufgrund von Verfehlungen gerechtfertigt und sollen nicht von den Steuern abgesetzt werden können», so Luginbühl. «Sollte nun eine derartige Ausnahmeregelung im Gesetz verankert werden, wäre dies aus meiner Sicht inakzeptabel.»

Natürlich würden im Ausland zum Teil sehr hohe Bussen ausgesprochen. Das gelte insbesondere für die Banken. «Aber es waren just diese Institute, die mit ihrem Geschäftsgebaren dem Schweizer Finanzplatz immens geschadet haben.»

Ähnlich tönts von links: Susanne Leutenegger Oberholzer (69, SP/BL), Präsidentin der WAK des Nationalrats: «Der Bundesrat hat eine gute Lösung vorgeschlagen, Zahlungen mit Strafcharakter dürfen weiterhin nicht abgezogen werden. Darunter fallen selbstverständlich die Bussen, die im Ausland fällig werden.»

Alles andere würde die Bevölkerung auch zehn Jahre nach Beginn der Krise nicht verstehen. «Das gilt gerade für die systemrelevanten Banken, deren Risiko immer noch die Steuerzahler tragen», so Leutenegger Oberholzer.

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