Die Zahlen brachten die SVP zum Kochen: Über 30 Prozent der kriminellen Ausländer werden nicht ausgeschafft – trotz verschärftem Ausschaffungsrecht. Die Statistik des Bundes hatte Anfang Monat für Wirbel gesorgt. Nicht nur wegen der Zahlen, sondern auch, weil sich die Bundesstatistiker verrechnet hatten und die Zahlen schliesslich zurückzogen.
Die Grössenordnung jedoch zeigte: Die erstinstanzlichen Gerichte und Staatsanwälte wenden die Härtefallklausel relativ häufig an – und nicht nur in Ausnahmefällen, wie das die SVP mit der Ausschaffungs-Initiative vorsah. Von der «pfefferscharfen» Umsetzung, von der im Parlament noch die Rede war, scheint man damit weit entfernt.
Doch ist das wirklich so? Anders sieht die Situation nämlich aus, wenn man nicht die Urteile der ersten Instanz anschaut, sondern jene der höchsten: des Bundesgerichts. Dabei wird deutlich: Die Bundesrichter in Lausanne setzen das Gesetz knallhart um. Das zeigt ein Bericht des «Tages-Anzeigers».
Bedingte Geldstrafe reicht für Ausschaffung
Die ersten drei Urteile des obersten Gerichts, die auf dem neuen Ausschaffungsrecht beruhen, sind in den letzten Wochen gefällt worden. In allen drei Fällen beharrte das Bundesgericht auf einem Landesverweis. Dabei reicht auch schon eine bedingte Geldstrafe oder eine bedingte, kurze Gefängnisstrafe. Nach altem Recht konnten nur Kriminelle ausgeschafft werden, die mindestens zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden sind.
Einer der drei Fälle betrifft einen Georgier, der sich 2017 wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und des versuchten Hausfriedensbruchs vor dem Bezirksgericht Rheinfelden AG verantworten musste. Dieses verurteilte ihn zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 6 Monaten und sprach einen fünfjährigen Landesverweis aus.
Der Anwalt des Einbrechers hatte argumentiert, dass sein Mandant ja nur versucht habe einzubrechen – im Gesetz aber nur von der «vollendeten strafbaren Handlung» die Rede sei. Das sah das Bezirksgericht anders. Das Bundesgericht stützt nun dieses Urteil.
Keine Mindeststrafe
Auch bei einem Portugiesen, der seit 20 Jahren in der Schweiz lebt, kennt das Bundesgericht keine Gnade. Er war wegen Diebstahls, Hausfriedensbruchs und Kokainkonsums zu fünf Monaten Gefängnis verurteilt worden, berichtet der «Tages-Anzeiger». Das Bundesgericht betont in seinen Erwägungen, dass das neue Ausschaffungsrecht keine Mindeststrafe für eine Ausschaffung vorsieht. Es reicht, für eine der sogenannten «Katalogtaten» verurteilt worden zu sein – egal wie lange bzw. hoch die Strafe ausfällt.
Der dritte Fall schliesslich betrifft einen Mann aus der Dominikanischen Republik. Das Bezirksgericht Zürich hat ihn 2017 unter anderem wegen Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz teilbedingt zu 26 Monaten Gefängnis verurteilt. Zudem erhielt er einen Landesverweis für sieben Jahre. Auch dieses Urteil hat das Bundesgericht jetzt bestätigt. (lha)