Schlechte Aussichten für die Rentner: Gemäss neuen Berechnungen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) frisst ihnen die Teuerung bis 2024 eine ganze Monatsrente weg.
«Unser Modell rechnet noch zurückhaltend. Das Ergebnis ist dennoch erschreckend», sagt Daniel Lampart (53), Chefökonom des SGB. Die Vorhersage ist in höchstem Masse unerfreulich, aber plausibel. Der Gewerkschaftsbund rechnet für das laufende Jahr mit einer Teuerung von drei Prozent. Für die folgenden Jahre stützt sich Lampart auf die Prognosen der Nationalbank.
Noch ist offen, wie heftig der Prämienschock der Krankenkassen ausfallen wird. Die Gewerkschaften kalkulieren mit 7,5 Prozent, manche Schätzungen fallen höher aus. Weil aber AHV-Renten nur verzögert und nicht vollständig der Teuerung angepasst werden, trifft die Preissteigerung die Pensionierten umso härter. Und da in der zweiten Säule nicht zwingend ein Ausgleich vorgesehen ist, resultiert für ein Rentnerpaar bis 2024 im Schnitt ein Kaufkraftverlust von monatlich 450 bis 500 Franken – acht Prozent. Aufs Jahr gerechnet fehlt im schlimmsten Fall eine ganze Monatsrente.
Rentner sind dieser Entwicklung wehrlos ausgeliefert, warnt Lampart. Niemand könne mit 80 wieder anfangen zu arbeiten, weil die Rente nicht reicht. «Was den meisten Pensionierten übrig bleibt, ist, noch mehr zu sparen – also auf die paar Dinge zu verzichten, die sie sich heute noch gönnen.»
SVP gehen Pläne von Mitte-links zu weit
Wenig überraschend sieht sich der SGB dadurch in seinem Einsatz für eine 13. AHV-Rente bestätigt. Die Initiative dafür ist vor einem Jahr zustande gekommen. Lampart fordert daneben rasche Massnahmen, um den Kaufkraftverlust aufzufangen: Die Renten aus beiden Säulen müssten vollumfänglich der Teuerung angepasst werden. Ob die Pensionskassen da mitmachen, kann er nicht sagen. «Ich fürchte eher, dass eine weitere Kürzungsrunde droht.»
Im Parlament drängt Mitte-links in der Herbstsession auf erste Schritte. Mitte-Fraktionschef Philipp Matthias Bregy (44, VS): «Wir können die Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit einer AHV-Rente bestreiten, nicht einfach mit den steigenden Preisen alleinlassen.» Auch seine Partei verlangt, dass die AHV-Renten zwingend an die Teuerung gekoppelt werden. «Weiter müssen mehr Leute eine Prämienverbilligung erhalten», sagt Bregy. Der SVP gehen diese Pläne zu weit. Es sei die linke Politik, die den Staat immer noch weiter ausbaue und das Leben teurer mache, kritisiert Nationalrätin Esther Friedli (45, SG). «Auch bei den Renten möchte die Linke mit der Giesskanne mehr Geld verteilen, auch an jene, die es gar nicht brauchen.» Die SVP hingegen wolle sichere Renten mit einem nachhaltigen Finanzierungssystem.
Das Rentensystem basiere auf drei Säulen, fährt Friedli fort: «Es gibt Menschen, die aufgrund ihrer Lebensgeschichte nach der Pensionierung von allen drei Säulen zu tiefe Renten zum Leben bekommen. Genau dafür wurden die Ergänzungsleistungen eingerichtet.»