«Schlicht nicht finanzierbar»
Rentner sollen nicht 10 Prozent mehr bekommen

Der Ständerat will die AHV-Renten nicht um zehn Prozent erhöhen. Er lehnte am Dienstag die Volksinitiative «AHVplus - für eine starke AHV» mit 33 zu 11 Stimmen ab. Die Mehrheit wollte das Begehren vor der Reform der Altersvorsorge vom Tisch haben.
Publiziert: 09.06.2015 um 11:34 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 15:05 Uhr

Die kleine Kammer folgte mit ihrem Entscheid der Mehrheit der Sozialkommission (SGK). Sprecherin Christine Egerszegi (FDP/AG) stellte fest, angesichts der finanziellen Herausforderung durch die Reformvorlage «Altersvorsorge 2020» liege die Initiative völlig quer in der Landschaft. Die SGK wollte die Initiative rasch behandeln, um eine klare Ausgangslage für die Reformvorlage zu haben.

Auch Konrad Graber (CVP/LU) hielt den Zeitpunkt für falsch angesichts der Reform der Altersvorsorge und der derzeitigen Schwierigkeiten für die Wirtschaft. Um die Generationengerechtigkeit zu wahren, müssten nicht die Renten erhöht, sondern die Erwerbstätigen und kommende Generationen entlastet werden.

«Die Initiative ist ein Hors-sol-Produkt», sagte Graber. «Aus der Zeit gefallen» nannte Karin Keller-Sutter (FDP/SG) das Begehren. Lehne das Volk die Initiative über eine nationale Erbschaftssteuer ab, fehlten 2 Milliarden Franken für die Finanzierung der höheren Renten. Und höhere Lohnbeiträge seien keine Option.

«Für schlicht nicht finanzierbar» hielt Urs Schwaller (CVP/FR) die gewollte Erhöhung der Renten. Schon ohne diese Initiative sei die Finanzierung der Reform der Altersvorsorge eine grosse Herausforderung. Alex Kuprecht (SVP/SZ) sah die Vorsorge nach dem Umlageprinzip an einer Grenze angelangt und warnte vor Defiziten.

Eine rot-grüne Minderheit unterstützte die Initiative. Paul Rechsteiner (SP/SG) konterte, dass auch junge Menschen, die ja für das Alter vorsorgen müssten, von einer stärkeren AHV profitierten.

Der Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) verwies zudem auf die der Lohnentwicklung hinterherhinkenden AHV-Renten. Die Verfassung verlange, dass man von den Renten der AHV und der Pensionskasse anständig leben können müsse. Doch die Renten der zweiten Säule stünden zunehmend unter Druck.

Für Menschen, die aus der zweiten Säule wenig oder gar keine Rente erhielten, sei eine höhere AHV-Rente angezeigt, doppelte Liliane Maury Pasquier (SP/GE) nach. Wer auf Ergänzungsleistungen angewiesen sei, beantrage diese häufig nicht, aus Scham.

Pascale Bruderer Wyss (SP/AG) bedauerte, dass mit der von der SGK beantragten getrennten Behandlung von Initiative und «Altersvorsorge 2020» der Fokus nicht auf die ganze Altersvorsorge ausgeweitet werden könne. Mangels einer Alternative stimme sie dem Begehren zu. Auch Christian Levrat (SP/FR) kritisierte, dass solche taktischen Spiele der Debatte schadeten.

Bundesrat Alain Berset plädierte für die geplante Reform der Altersvorsorge, eine aus seiner Sicht kohärente und vollständige Vorlage. Die Herausforderung für die AHV sei nicht die steigende Lebenserwartung. Die Herausforderung sei die Generation der Babyboomer, die heute noch in die AHV einzahle und ab 2020 Renten beziehe.

Die Volksinitiative «AHVplus» des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) ist als Gegenprojekt zu den Reformplänen des Bundesrates für die Altersvorsorge gedacht. Die Initianten verlangen, dass alle AHV-Renten um 10 Prozent erhöht werden.

Für Alleinstehende würde die durchschnittliche AHV-Rente um rund 200 Franken pro Monat angehoben, für Ehepaare um 350 Franken. Aus Sicht der Gewerkschaften wäre dies angemessen. Heute hätten viele eine Rente, die nicht zum Leben reiche, argumentieren sie. Kosten würde die Rentenerhöhung heute rund 4 Milliarden Franken im Jahr.

Wie die Rentenerhöhung finanziert werden soll, lässt die Initiative offen. Die Initianten sehen verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist eine nationale Erbschaftssteuer - über die Volksinitiative, die diese Steuer verlangt, wird am Sonntag abgestimmt. In Frage kommen für die Initianten auch höhere Lohnbeiträge.

Unterstützt wird die Initiative von Gewerkschaften, SP, Grünen, Lehrerverbänden und Rentnerorganisationen. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.

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