Ist ein Bauzonen-Stopp nötig?
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Zersiedelungsinitiative:Ist ein Bauzonen-Stopp nötig?

Schlagabtausch der Kontrahenten
Die fünf wichtigsten Fragen zur Zersiedelungs-Initiative

Befürworter und Gegner der Zersiedelungs-Initiative machen mobil. In Bern lieferten sich zwei Komitees einen indirekten Schlagabtausch. BLICK stellt ihre Aussagen zu fünf wichtigen Fragen einander gegenüber.
Publiziert: 08.01.2019 um 18:14 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2019 um 14:11 Uhr
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Klare Grenzen: Mit einem Ja zur Zersiedelungs-Initiative dürfen Bauzonen nicht weiter ausgeweitet werden. Neue Einzonungen sind nur möglich, wenn an einem anderen Ort Bauland durch eine Rückzonung verschwindet.
Foto: Keystone
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Ruedi StuderBundeshaus-Redaktor

Am 10. Februar entscheidet das Stimmvolk an der Urne über die Zersiedelungs-Initiative der Jungen Grünen. Diese verlangt einen Einzonungsstopp. Das heisst: Die Gesamtmenge der heutigen Baulandreserven darf nicht weiter wachsen – neues Bauland kann nur eingezont werden, wenn andernorts entsprechend ausgezont wird.

Die erste SRG-Trendumfrage vom Dezember weist mit 63 Prozent Ja und 29 Prozent Nein einen deutlichen Vorsprung der Befürworter auf. Das hat die Gegner aufgeschreckt. 

Seither liefern sich die beiden Seiten einen heftigen Schlagabtausch. Auch heute wieder: In Bern kreuzten zwei Komitees indirekt die Klingen. Am Morgen präsentierte die überparteiliche Abstimmungsallianz «Ja zur Zersiedelungsinitative» ihre Argumente, am Nachmittag das vom Gewerbeverband angeführte Wirtschaftskomitee «Radikale Zersiedelungs-Initiative Nein». 

BLICK stellt die Aussagen der beiden Lager zu fünf wichtigen Fragen einander gegenüber. 

Was passiert mit den Bauzonen?

Das sagen die Befürworter: «Mit der Initiative wird eine weitere Ausdehnung der Bauzonen in der Schweiz verhindert», macht Mitinitiant und Junge-Grüne-Co-Präsident Luzian Franzini (22) klar. Allerdings würden die bestehenden Bauzonen nicht einfach eingefroren, sondern könnten «dank des Kompensationsmechanismus dorthin verschoben werden, wo sie gebraucht werden». Dafür seien bestehende Baulandreserven im Umfang von 400 Quadratkilometern vorhanden. «Diese können für die weitere bauliche Entwicklung der Schweiz genutzt werden», so Franzini.

Das sagen die Gegner: «Für Kantone mit wenig Baulandreserven würde die Annahme der Initiative de facto ein Bauzonenmoratorium bedeuten», warnt SVP-Nationalrat Franz Ruppen (47, VS). «Denn wenn ein Kanton keine Bauzonenreserven mehr besitzt, dann könnte er bei Annahme der Initiative keine neuen Bauzonen mehr schaffen.» Die Initiative würde zudem notwendige Baulandeinzonungen in den Zentren verunmöglichen oder zumindest stark erschweren, so Ruppen. «Das würde zu einer Baulandverknappung mit den entsprechenden negativen Konsequenzen führen.»

Reicht das neue Raumplanungsgesetz nicht aus?

Das sagen die Befürworter: «Mit der Revision des Raumplanungsgesetzes wurde primär die Problematik der überdimensionierten Bauzonen angegangen», sagt Grünen-Nationalrat Bastien Girod (38, ZH). Die Revision wirke damit etwa im Kanton Wallis, in vielen Mittelland-Kantonen hingegen nicht. «Seit Annahme des Raumplanungsgesetzes wird ungefähr gleich ineffizient gebaut wie vorher. Der Bodenverbrauch ist gleich weitergegangen», moniert Girod. Die Initiative sei eine gute Ergänzung zum Gesetz, denn: «Nur die Initiative stellt sicher, dass die Bauzonen nicht weiter wachsen und effizient mit dem Boden umgegangen wird.»

Das sagen die Gegner: «Die Kantone haben bis am 30. April 2019 Zeit, um das neue Raumplanungsgesetz umzusetzen», ruft SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr (34, TG) in Erinnerung. Mit diesem seien bereits griffige Massnahmen getroffen worden, damit Aufstockungen von Gebäuden und damit auch verdichtetes Bauen leichter realisiert und so Bauzonen effizienter ausgenutzt werden könnten. «Wer die Zersiedelung also mit einer griffigen Ernsthaftigkeit stoppen will, setzt sich für die Vereinfachung von Bauvorschriften in den bereits bebauten Zonen ein, anstatt restriktive Raumplanungsmodelle mit Verboten zu ahnden.» 

Was bedeutet die Initiative für die Wirtschaft?

Das sagen die Befürworter: «Eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung in Gemeinden und Kantonen bleibt weiterhin möglich, aber nur, wenn der haushälterischen Nutzung von Grund und Boden tatsächlich Sorge getragen wird», sagt SP-Nationalrat Thomas Hardegger (62, ZH). Es seien genügend unternutzte Zonen und Industriebrachen vorhanden. Er verweist auf den Kanton Zürich, in welchem das Stimmvolk 2012 ein fünfjähriges Einzonungsmoratorium annahm. Einige Bauvorhaben seien dadurch zwar blockiert worden. «Nüchtern betrachtet kann aber festgehalten werden, dass kein Schaden entstanden ist.» 

Das sagen die Gegner: «Für mich als Jungunternehmer stellt diese Initiative ein enormes Risiko für den Wohlstand und den Erfolg der Schweiz dar», erklärt der Zürcher Jungfreisinnige Leroy Bächtold. Beim Start jedes Unternehmertums sei es essenziell, dass man geeignete Gewerbeflächen zu einem angemessenen Preis beziehen könne. «Ohne zahlbare Gewerbeflächen für Büroräumlichkeiten oder Industrieanlagen endet der Traum eines eigenen Unternehmens, bevor er überhaupt richtig angefangen hat.»

Wie betrifft die Initiative die Bauern?

Das sagen die Befürworter: «Jede Sekunde geht in der Schweiz ein Quadratmeter Kulturland verloren. Damit auch ein Teil der Grundlage für die Ernährung», sagt Bio-Landwirt Markus Schwegler von der Kleinbauern-Vereinigung. Mit der Initiative dürften ausserhalb der Bauzonen nur noch Bauten für eine bodenabhängige Landwirtschaft bewilligt werden. Das unterstützt sein Verband, denn: «Eine standortgerechte, bäuerliche und nachhaltige Lebensmittelproduktion denkt in regionalen Kreisläufen und ist immer bodengebunden.» Die Initiative biete endlich «wirksame Massnahmen zum Schutz unseres Bodens und dient damit der Schweizer Landwirtschaft».

Das sagen die Gegner: «Auch die Landwirtschaft wäre von dieser Initiative in ihren Entwicklungsmöglichkeiten stark tangiert, weil die bodenunabhängige Produktion in der Landwirtschaftszone nicht mehr zulässig wäre», sagt SVP-Mann Franz Ruppen. «Es wäre das Aus für viele Projekte in der Paralandwirtschaft (landwirtschaftsnahe Tätigkeiten wie beispielsweise ein Gastbetrieb; Anm. der Redaktion). «Neue Hofläden oder Projekte im Agrotourismus würden nicht mehr verwirklicht werden können.»

Steigen bei einem Ja die Mieten?

Das sagen die Befürworter: Die gleichen politischen Kräfte, die jetzt mit steigenden Miet- und Bodenpreisen drohten, hätten bisher «alle Vorstösse bekämpft, die verhindern wollten, dass spekulatives Geld in den Immobilienmarkt fliesst und dass Wohnen verteuert wird», meint SP-Mann und Hausverein-Vizepräsident Thomas Hardegger. Die Politik könne steigende Miet- und Bodenpreise verhindern. «Gerade die effiziente Nutzung des Bodens, mehr Einfluss der Gemeinden und Kantone auf die Liegenschaftspolitik und ein griffiges Mietrecht wären wirksame Mittel gegen Preissteigerungen.»

Das sagen die Gegner: «Die Bevölkerung wird von den steigenden Mietkosten und den Folgen der höheren Grundstückspreise betroffen sein», warnt CVP-Nationalrat Fabio Regazzi (56, TI). «Wenn auch in unterschiedlichem Ausmass: Vor allem die tiefsten Einkommen, die in der italienischen Schweiz zahlreicher sind als anderswo, werden darunter leiden.»

Das will die Zersiedelungs-Initiative

Am 10. Februar entscheidet das Stimmvolk an der Urne über die Zersiedelungs-Initiative der Jungen Grünen. Diese verlangt einen Einzonungsstopp. Das heisst: Die Gesamtmenge der heutigen Baulandreserven darf nicht weiter wachsen – neues Bauland kann nur eingezont werden, wenn andernorts entsprechend ausgezont wird.

Die erste SRG-Trendumfrage vom Dezember weist mit 63 Prozent Ja und 29 Prozent Nein einen deutlichen Vorsprung der Befürworter auf.

Die Jungen Grünen haben die Initiative im Oktober 2016 mit 135'000 Unterschriften eingereicht. Grüne, Juso, Alpeninitiative und weitere Jungparteien und Organisationen unterstützen das Volksbegehren. Das Parlament empfiehlt die Initiative wie auch der Bundesrat ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung.

Am 10. Februar entscheidet das Stimmvolk an der Urne über die Zersiedelungs-Initiative der Jungen Grünen. Diese verlangt einen Einzonungsstopp. Das heisst: Die Gesamtmenge der heutigen Baulandreserven darf nicht weiter wachsen – neues Bauland kann nur eingezont werden, wenn andernorts entsprechend ausgezont wird.

Die erste SRG-Trendumfrage vom Dezember weist mit 63 Prozent Ja und 29 Prozent Nein einen deutlichen Vorsprung der Befürworter auf.

Die Jungen Grünen haben die Initiative im Oktober 2016 mit 135'000 Unterschriften eingereicht. Grüne, Juso, Alpeninitiative und weitere Jungparteien und Organisationen unterstützen das Volksbegehren. Das Parlament empfiehlt die Initiative wie auch der Bundesrat ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung.

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