Nicht nur die SBB sollen Gewinne auf der Schiene einfahren. Ab Ende 2019 dürfen auch Regionalbahnen lukrativen Fernverkehr anbieten, wie das Bundesamt für Verkehr (BAV) bekannt gab.
Das hat Vorteile für die Bahnkunden. Eigentlich wollten die SBB die Gotthard-Bergstrecke aufheben, die Minibar-Wägeli ersatzlos streichen und nicht mehr jeden Zug mit Personal begleiten. Weil sich mit der Berner BLS auch eine Regionalbahn für Fernverkehrsstrecken bewarb, mussten die SBB aber ein attraktives Angebot vorlegen.
Jetzt haben die Bahnen auf jedem Fernverkehrszug Verpflegungsangebote anzubieten – und seien es nur Snack-Automaten. «Wir haben jetzt auf den Fernverkehrsstrecken einen gewissen Wettbewerb. Es wird sich zeigen, welches Verpflegungsangebot der Bahnkunde schätzt», sagt BAV-Direktor Peter Füglistaler (58) zu BLICK.
Direkt von Chur nach Bern – ohne Umsteigen in Zürich
So ist der Bahnkunde der eigentliche Gewinner der Ausschreibung der Fernverkehrskonzessionen für die nächsten zehn Jahre. Die Passagiere profitieren neu von einer Direktverbindung zwischen Chur und Bern. Und die Strecke von Chur nach St. Gallen wird neu stündlich mit einem Fernverkehrszug bedient.
Aber auch der Bürger, der nie Zug fährt, profitiert. Da gewisse Bahnstrecken ab Ende 2019 nicht mehr subventioniert, sondern dem selbsttragenden Fernverkehr zugeschlagen werden, spart der Steuerzahler einen zweistelligen Millionenbetrag.
SBB werden künftig 100 Millionen Franken weniger Ertrag machen
Künftig sollen die Bahnen eine Umsatzrendite von höchstens acht Prozent erzielen dürfen. Wenn eine Bahn mehr Rendite macht, kann sie entweder die Tickets vergünstigen, oder sie muss einen höheren Beitrag an die Infrastruktur abliefern.
Die ersten fünf Jahre soll dieser Beitrag im Fernverkehr 9,5 Prozent des Umsatzes betragen, bei den lukrativen Intercity-Zügen sogar 21,5 Prozent. Laut BAV sinkt der SBB-Ertrag so um etwa 100 Millionen Franken. Ein Grund, weshalb die SBB nicht restlos zufrieden sind mit den BAV-Plänen.
Kein Wunder, hatten die SBB ihr Fernverkehrsmonopol bis an die Grenze des rechtlich Vertretbaren verteidigt. Letztlich musste die Wettbewerbskommission auf die Bremse stehen und der SBB-Spitze mit einem Kartellrechtsverfahren drohen.
BLS wollte ein ganzes Paket und nicht bloss zwei Linien
Die BLS hatte sich um ein Paket mit fünf Fernlinien beworben, «da dieses eigenwirtschaftlich betrieben werden kann», so BLS-Chef Bernard Guillelmon (52). Im Paket enthalten waren neben den beiden Strecken Bern–Biel und Bern–Burgdorf–Olten, für die die BLS den Zuschlag erhalten hat, die stark defizitäre Strecke Bern–La Chaux-de-Fonds–Le Locle und die beiden sehr rentablen Intercity-Linien Basel–Interlaken Ost und Basel–Brig.
Noch ist nicht sicher, ob die BLS die ihr zugesprochenen Linien ohne die drei anderen Strecken überhaupt betreiben will. Wie die SBB wird nun auch die BLS den BAV-Entscheid erst einmal prüfen.
SOB kann zufrieden sein
Freuen kann man sich in der Ostschweiz: Die Südostbahn (SOB) hatte sich schon zuvor mit den SBB geeinigt. Sie hat nun grünes Licht erhalten, im Auftrag der SBB die Gotthard-Bergstrecke Basel–Lugano sowie die Strecke Chur–Zürich–Bern zu betreiben.
Nun läuft bis zum 23. Mai das Anhörungsverfahren, in dem sich die Kantone, die Verkehrsverbünde und die Transportunternehmen einbringen können, bevor das BAV definitiv entscheidet.