SBB verlieren zwei Linien an die BLS – und es kommt noch dicker:
Bahnen müssen Snack-Automaten einbauen

Das SBB-Monopol bröckelt: Die Berner Regionalbahn BLS darf ab Ende 2019 zwei Fernverkehrslinien von Bern nach Biel und von Bern über Burgdorf nach Olten übernehmen.
Publiziert: 19.04.2018 um 23:31 Uhr
|
Aktualisiert: 13.09.2018 um 04:24 Uhr
Pascal Tischhauser, Konrad Staehelin

Nicht nur die SBB sollen Gewinne auf der Schiene einfahren. Ab Ende 2019 dürfen auch Regionalbahnen lukrativen Fernverkehr anbieten, wie das Bundesamt für Verkehr (BAV) bekannt gab.

Das hat Vorteile für die Bahnkunden. Eigentlich wollten die SBB die Gotthard-Bergstrecke aufheben, die Minibar-Wägeli ersatzlos streichen und nicht mehr jeden Zug mit Personal begleiten. Weil sich mit der Berner BLS auch eine Regionalbahn für Fernverkehrsstrecken bewarb, mussten die SBB aber ein attraktives Angebot vorlegen.

1/14
1882 wird der Tunnel durch den Gotthard eröffnet. Plötzlich ist der Kanton Bern von der Nord-Süd-Verbindung abgeschnitten. Darum wird 1906 mit Hilfe von französischem Geld mit dem Bau des Lötschberg-Tunnels begonnen. Kurz vor Baubeginn wird die Berner Alpenbahngesellschaft Bern–Lötschberg–Simplon (BLS) gegründet. Im Bild das Lötschberg-Nordportal bei Kandersteg BE.
Foto: Archiv BLS

Jetzt haben die Bahnen auf jedem Fernverkehrszug Verpflegungsangebote anzubieten – und seien es nur Snack-Automaten. «Wir haben jetzt auf den Fernverkehrsstrecken einen gewissen Wettbewerb. Es wird sich zeigen, welches Verpflegungsangebot der Bahnkunde schätzt», sagt BAV-Direktor Peter Füglistaler (58) zu BLICK.

Peter Füglistaler, Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV), gibt die Eckwerte für die Fernverkehrskonzession bekannt. Die SBB soll ihr Monopol verlieren.
Foto: ANTHONY ANEX

Direkt von Chur nach Bern – ohne Umsteigen in Zürich

So ist der Bahnkunde der eigentliche Gewinner der Ausschreibung der Fernverkehrskonzessionen für die nächsten zehn Jahre. Die Passagiere profitieren neu von einer Direktverbindung zwischen Chur und Bern. Und die Strecke von Chur nach St. Gallen wird neu stündlich mit einem Fernverkehrszug bedient.

Aber auch der Bürger, der nie Zug fährt, profitiert. Da gewisse Bahnstrecken ab Ende 2019 nicht mehr subventioniert, sondern dem selbsttragenden Fernverkehr zugeschlagen werden, spart der Steuerzahler einen zweistelligen Millionenbetrag.

Wettbewerb im Fernverkehr.

SBB werden künftig 100 Millionen Franken weniger Ertrag machen

Künftig sollen die Bahnen eine Umsatzrendite von höchstens acht Prozent erzielen dürfen. Wenn eine Bahn mehr Rendite macht, kann sie entweder die Tickets vergünstigen, oder sie muss einen höheren Beitrag an die Infrastruktur abliefern.

Die ersten fünf Jahre soll dieser Beitrag im Fernverkehr 9,5 Prozent des Umsatzes betragen, bei den lukrativen Intercity-Zügen sogar 21,5 Prozent. Laut BAV sinkt der SBB-Ertrag so um etwa 100 Millionen Franken. Ein Grund, weshalb die SBB nicht restlos zufrieden sind mit den BAV-Plänen.

Kein Wunder, hatten die SBB ihr Fernverkehrsmonopol bis an die Grenze des rechtlich Vertretbaren verteidigt. Letztlich musste die Wettbewerbskommission auf die Bremse stehen und der SBB-Spitze mit einem Kartellrechtsverfahren drohen.

SBB-CEO Andreas Meyer wollte keine einzige seiner lukrativen Fernverkehrslinien abgeben.
Foto: ANTHONY ANEX

BLS wollte ein ganzes Paket und nicht bloss zwei Linien

Die BLS hatte sich um ein Paket mit fünf Fernlinien beworben, «da dieses eigenwirtschaftlich betrieben werden kann», so BLS-Chef Bernard Guillelmon (52). Im Paket enthalten waren neben den beiden Strecken Bern–Biel und Bern–Burgdorf–Olten, für die die BLS den Zuschlag erhalten hat, die stark defizitäre Strecke Bern–La Chaux-de-Fonds–Le Locle und die beiden sehr rentablen Intercity-Linien Basel–Interlaken Ost und Basel–Brig.

BLS-Chef Bernard Guillelmon wollte ein Paket mit insgesamt fünf Fernlinien.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Noch ist nicht sicher, ob die BLS die ihr zugesprochenen Linien ohne die drei anderen Strecken überhaupt betreiben will. Wie die SBB wird nun auch die BLS den BAV-Entscheid erst einmal prüfen.

SOB kann zufrieden sein

Freuen kann man sich in der Ostschweiz: Die Südostbahn (SOB) hatte sich schon zuvor mit den SBB geeinigt. Sie hat nun grünes Licht erhalten, im Auftrag der SBB die Gotthard-Bergstrecke Basel–Lugano sowie die Strecke Chur–Zürich–Bern zu betreiben.

Nun läuft bis zum 23. Mai das Anhörungsverfahren, in dem sich die Kantone, die Verkehrsverbünde und die Transportunternehmen einbringen können, bevor das BAV definitiv entscheidet.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?