Der Krankenkassenverband Santésuisse schlägt Alarm: «Die Atempause für die Prämienzahler ist zu Ende», warnt er. Ohne Gegensteuer drohe in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ein neuer Kostenschub. Konkret schätzt der Verband den Anstieg für 2019 und 2020 auf jeweils leicht über 3 Prozent. Letztes Jahr war es bloss ein Prozent.
Die grössten Kostentreiber sind dabei die Bereiche Spitex und Physiotherapie mit je 6 Prozent Kostenzuwachs sowie Laboruntersuchungen und ambulanten Spitalbehandlungen mit einen Zuwachs von je 5 Prozent.
Prämienanstieg zwischen ein bis zwei Prozent
Die Entwicklung hat auch Folgen für die Versicherten. Sie müssen für 2020 mit einem weiteren Prämienanstieg rechnen. Allerdings wird dieser nicht so hoch ausfallen wie der allgemeine Kostenschub.
«Letztes Jahr waren die Einnahmen höher als die Gesundheitskosten, das erlaubt für nächstes Jahr eine gewisse Abfederung», sagt Santesuisse-Direktorin Verena Nold zu BLICK. «Wir erwarten für das kommende Jahr ein Prämienwachstum, das unter den erwarteten Kostenentwicklung liegt. Der Prämienanstieg wird sich deshalb im selben Rahmen bewegen wie für die Jahre 2018 und 2019.»
Konkrete Zahlen will sie zwar nicht nennen, der durchschnittliche Prämienanstieg dürfte sich damit aber zwischen einem und zwei Prozent bewegen. «Ganz genau kann man es noch nicht sagen, weil die Krankenversicherer erst Ende Juli ihre Anträge zur Prämienrunde 2020 beim Bundesamt für Gesundheit eingeben müssen», so Nold.
Santésuisse warnt vor «Zusatzwünschen»
Der Verband warnt aber auch gleich davor, weitere Zusatzwünsche zu erfüllen. Dann falle das Kostenwachstum doch höher aus. Konkret nennt Santésuisse etwa den Ausbau der Pflege als Kostentreiber. «Insbesondere das selbstständige Abrechnen durch Pflegefachpersonen würde zu einer starken Mengenausweitung und damit zu einem Kostenschub führen», so der Verband.
Auch personalisierte Medizin und Gentherapien könnten zu einem Kostenschub führen, warnt der Verband. «Dutzende neue, personalisierte Medikamente sind bei der Pharmaindustrie in der Pipeline.» Diese neuen Heilmethoden könnten für die Betroffenen ein Segen sein und würden daher auch begrüsst. «Allerdings dürfen dafür nicht exorbitant hohe Preise bezahlt werden.»
Schliesslich leuchten auch beim neuen ambulante Ärztetarif die Warnlampen. Santésuisse zeigt sich war offen für die Diskussion über einen neuen Ärztetarif im ambulanten Bereich, «allerdings sollte für alle Beteiligten selbstverständlich sein, dass dieser nicht zu höheren Kosten zulasten der Prämienzahler führen darf».
Kostendämpfung gefordert
Im Gegenzug fordert Santésuisse auch «wirkungsvolle Kostendämpfungsmassnahmen». Ansetzen will der Verband etwa bei den Medikamentenpreisen – insbesondere auch bei Generika, die «in der Schweiz noch immer doppelt so teuer sind wie im Ausland».
Zudem müssten Fehlanreize im Gesundheitswesen beseitigt werden. So sollen etwa bei den Ärztezulassungen die Kantone dazu verpflichtet werden, das Angebot kantonsübergreifend zu koordinieren und wo nötig einzuschreiten. Denn: «Jede zusätzliche Arztpraxis kostet 600'000 Franken pro Jahr.»