«8. Januar. Der Feind hat Dutzende Raketen auf friedliche Städte und Dörfer der Ukraine abgefeuert», schrieb der stellvertretende Präsidialamtsleiter Olexij Kuleba auf Telegram.
Dieses Mal war nicht die Hauptstadt Kiew das Ziel, sondern die Raketen schlugen im Osten und Süden des angegriffenen Landes ein. Diese frontnahen Regionen sind weniger gut durch Flugabwehr geschützt als die Hauptstadt.
Weniger Raketen abgefangen als sonst
Wie der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj mitteilte, setzte die russische Armee 59 Marschflugkörper, Raketen und Drohnen ein. Alle 8 anfliegenden Shahed-Drohnen iranischer Bauart und 18 von 24 Marschflugkörpern der Typen Ch-101, Ch-555 und Ch-55 seien abgewehrt worden. Unabhängige Bestätigungen der Angaben gab es nicht.
Bei früheren Angriffen war die Abfangquote höher gewesen. Kein Abwehrmittel gab es diesmal gegen vier Hyperschallraketen Kinschal (Dolch). Sie waren nach Saluschnyjs Angaben von Kampfjets MiG-31 aus dem russischen Luftraum über Tambow und Rjasan abgefeuert worden.
Auch acht Marschflugkörper Ch-22 konnten demnach nicht abgefangen werden. Sie waren von Bombern des Typs Tupolew Тu-22М3 über dem grenznahen Gebiet Belgorod abgefeuert worden. Die Marschflugkörper, die die Ukraine abwehren konnte, sollen von Langstreckenbombern Tu-95MS bei Engels an der Wolga gestartet worden sein.
Russland setzte demnach auch sieben umfunktionierte Luftabwehrraketen der Systeme S-300 und S-400 sowie sechs Iskander-Boden-Boden-Raketen ein. Auch sie wurden wegen der kurzen Vorwarnzeiten nicht abgefangen.
Schäden an Fabrik, Schule, Einkaufszentrum
Das russische Verteidigungsministerium in Moskau teilte zwar mit, es habe einen kombinierten Angriff auf militärisch-industrielle Objekte in der Ukraine gegeben. Der ukrainische Oberbefehlshaber Saluschnyj hingegen sprach davon, dass Objekte der zivilen Infrastruktur sowie industrielle und militärische Ziele angegriffen worden seien. Ähnlich schwer hatte Russland die Ukraine um den Jahreswechsel am 29. Dezember und am 2. Januar bombardiert.
Einmal mehr wurde die ostukrainische Grossstadt Charkiw dicht an der Grenze zu Russland getroffen. Laut Gebietschef Oleh Synjehubow gab es mindestens vier Treffer. Eine Frau sei verletzt worden. Eine Fabrik und eine Bildungseinrichtung seien beschädigt. In der Kleinstadt Smijiw im Gebiet Charkiw wurden mehrere Menschen unter Trümmern verschüttet. Eine Frau konnte dort nur tot geborgen werden.
In Saporischschja im Süden der Ukraine mussten Feuerwehrkräfte an sechs Stellen Brände bekämpfen. Es gebe drei Verletzte, hiess es. In der Industriestadt Kriwyj Rih, der Heimat von Präsident Wolodymyr Selenskyj, wurde ein Einkaufszentrum getroffen. Ein Mann kam dort ums Leben.
In der Kleinstadt Nowomoskowsk im Gebiet Dnipropetrowsk wurden etwa 20 Menschen verletzt, darunter 4 Kinder. Die Welle einer Explosion warf dort einen Minibus um; acht Passagiere konnten sich selbst befreien. Zwei Tote wurden aus der westukrainischen Region Chmelnyzkyj gemeldet.
Zu möglichen Treffern auf militärische Ziele machten ukrainische Stellen wie üblich keine Angaben. Anders als im vergangenen Winter will Russland mit den Angriffen weniger die Energieversorgung und andere Infrastrukturobjekte treffen, wie ukrainische Experten vermuten. Gezielt werde auf Betriebe der Rüstungsbranche. Daneben werden auch zivile Ziele getroffen. Die kombinierten Luftangriffe in mehreren Wellen sollen die ukrainische Flugabwehr überfordern und ausschalten.
Die Ukraine wehrt seit Februar 2022 mit ausländischer Militärhilfe eine grossangelegte russische Invasion ab.
(SDA)