Am Anfang stand ein Leck, und am Ende könnte es einen Dammbruch geben: Als weitreichende Folge des Cyber-Angriffs auf die bundeseigene Ruag 2014/15 spaltet der Bundesrat den Rüstungs- und Technologiekonzern ab 1. Januar 2020 in einen Armeeunterhaltsbetrieb und in ein internationales Luftfahrt- und Raumfahrtunternehmen. Eine «optimale» Lösung, ist Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP, 56) überzeugt.
Alles, was nicht in diese neuen Geschäftsbereiche passt, wird verkauft. Mehr noch: Am Schluss könnte nur noch der Armeeunterhaltsbetrieb in Bundesbesitz bleiben, rein kostendeckend geführt. Das neue Aerospace-Unternehmen hingegen geht wahrscheinlich an die Börse.
Militärischer Teil wird komplett abgetrennt
Der militärische Teil namens MRO – was für Maintenance, Repair und Overhaul (Unterhalt, Reparatur und Überholung) steht – umfasst alle Firmenbereiche, die für die Versorgung der Armee und den Unterhalt ihrer Einsatzgeräte zuständig sind. Diese Gesellschaft wird ins Informatiksystem des Bundes eingebunden, was mehr Sicherheit vor elektronischen Angreifern bieten soll. Der Bundesrat löst damit eine Forderung des Parlaments ein.
Einzelne Bereiche des MRO sollen auch andere Kunden betreuen dürfen. Es darf sich allerdings nie um sicherheitspolitisch relevante Geschäfte handeln, diese müssen komplett transparent ablaufen, und der maximale Umsatzanteil dieses Drittgeschäfts wird beschränkt. Eigner dieses Unternehmens mit rund 2500 Mitarbeitern bleibt alleine der Bund.
Neues privates Aerospace-Unternehmen soll entstehen
Die zweite Gesellschaft, die Ruag International, umfasst den Rest des heutigen 2-Milliarden-Konzerns Ruag. Hier will man sich auf die Luft- und Raumfahrtsbereiche konzentrieren, insbesondere auf das dazugehörende Strukturbaugeschäft für zivile und militärische Flugzeuge wie Rumpfteile des Airbus 320 oder Flügelklappen des Kampfjets F/A-18. Auch dieser bleibt vorläufig im Mehrheitsbesitz des Bundes. Hingegen sollen beispielsweise die Munitionsfirma Ruag Ammotec abgestossen werden.
Mit dem Erlös aus dem Ammotec-Verkauf soll der Luft- und Raumfahrtbereich ausgebaut werden. Ab 2020 fasst der Bundesrat einen Börsengang von Ruag International ins Auge, was ins Auge, was auf eine Privatisierung und auf zumindest eine Teilprivatisierung hinauslaufen würde. Oder schlicht in einen Verkauf, falls der neue Luft- und Raumfahrtkonzern nicht zum Fliegen kommen sollte.
Auf die Autonomie der Armee sollen all diese Verkäufe keine Folgen haben. Die Ruag Ammotec zum Beispiel stellt zwar die Kleinkalibermunition für die Gewehre und Pistolen der Schweizer Armee her: Weil sie diese aber sowieso nicht mehr ohne ausländische Zünder und ohne importiertes Schiesspulver produzieren kann, würde ein Ammotec-Verkauf nichts an der Versorgungssicherheit der Armee ändern, stellt das Verteidigungsdepartement klar.
Kaum folgen für Mitarbeiterzahl und Armeeausgaben
Ebenso wenig sollen die Veränderungen Auswirkungen auf die Zahl der Mitarbeiter haben. Trotz Besitzerwechsel sowie strukturellen Um- und Ausbauten soll es künftig auch im zivilen Bereich etwa gleich viel Stellen geben, rund 6500. Garantien könne man aber keine abgeben.
Auch Einsparungen sind für die Armee nicht in Sicht: Die Unterhalts- und Reparaturarbeiten würden jetzt schon sehr kostengünstig erfolgen, behaupten sowohl das Verteidigungsdepartement wie die heutige Ruag-Führung.
Zumindest bürgerliche Sicherheitspolitiker sind zufrieden
CVP-Nationalrätin und Sicherheitspolitikerin Ida Glanzmann (60, LU) ist zufrieden mit den Vorschlägen: «Der Bundesrat setzt um, was das Parlament schon lange gefordert hat – und zwar rechtzeitig, bevor die militärische und zivile Verflechtung des Ruag-Konzerns zum Sicherheitsproblem wird.»
Mit den groben Linien ist auch FDP-Ständerat Josef Dittli (61, UR) einverstanden, auch wenn er sich für die Arbeitsplätze der Ruag-Teile, die abgestossen werden, noch mehr regionalpolitische Zusicherungen erhofft hätte.
Für die Gruppe Schweiz ohne Armee (GsoA) hingegen ist, der geplante Verkauf der Munitionsproduzentin Ammotec ins Ausland der Beweis, dass die Schweizer Rüstungsindustrie nichts mit Landesverteidigung, aber viel mit Profitstreben am Hut habe.