«In einer Ecke der Postauto AG ist etwas Unrechtes geschehen.» Das sagte die damalige Post-CEO Susanne Ruoff (60) vor knapp zwei Jahren. Nun zeigt sich: So dunkel war die Ecke nicht – und es war auch nicht nur eine.
Bundesrat und Verwaltung sind für den Postauto-Bschiss mitverantwortlich. Zu diesem Schluss kommt die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Ständerats. Sie hat die 2018 aufgedeckten Unregelmässigkeiten bei der Post-Tochter untersucht.
Leuthard wusste seit 2011 Bescheid
Ihr Fazit: Obwohl das Verkehrsdepartement unter Bundesrätin Doris Leuthard (56) und die Eidgenössische Finanzverwaltung spätestens seit 2011 Kenntnis vom Zielkonflikt hatten, haben sie nichts unternommen, so GPK-Mitglied Joachim Eder (67). Die GPK bestätigt damit, was BLICK vor wenigen Tagen aufgedeckt hatte. Nach dieser Recherche forderte die Kommission am Sonntag nachträglich noch Dokumente und Protokolle dieser zwei Sitzungen vom 8. September 2011 an.
Der Zielkonflikt ist folgender: Zum einen erwartet der Bund von der Post, dass diese Gewinn macht und den Unternehmenswert steigert und Dividenden abliefert. Zum anderen aber verbietet das Gesetz Postauto, im subventionierten Regionalverkehr Gewinne zu erwirtschaften. Also verschleierte die Post-Tochter die Profite – etwa indem sie Pneus erfand, die sie als Kosten verbuchte. Das schmälerte den Gewinn.
Leuthard ist nicht aus dem Schneider
Gemäss Leuthard, die vor der GPK antraben musste, wurde damals zwar erwogen, die strategischen Ziele anzupassen, wie es im Bericht heisst. Trotzdem hätten das Departement und die Finanzverwaltung nichts unternommen, «was die Kommission nicht nachvollziehen kann und deutlich rügt», so Eder.
Dass alt Bundesrätin von der unrechtmässigen Buchungspraxis wusste, konnte die GPK anhand der ihr vorliegenden Informationen nicht bestätigen. Aus dem Schneider ist Leuthard damit aber nicht: «Die Kommission wird diesen Punkt weiterhin untersuchen», so Eder. «Sie behält sich die Möglichkeit vor, ihre Einschätzung zu einem späteren Zeitpunkt anzupassen», sagt er gar.
Insbesondere will die Kommission das Ergebnis des Verwaltungsstrafverfahrens abwarten.
Niemand schaute richtig hin
Insgesamt kommt die GPK zum Schluss, dass der Bschiss – immerhin der grösste Subventionsskandal der Schweizer Geschichte – nur möglich war, weil die Post-Revisoren, das Uvek, das Bundesamt für Verkehr (BAV) und selbst die unabhängige Finanzkontrolle zu wenig kritisch hingeschaut haben.
Um das in Zukunft zu vermeiden, gibt die GPK auch Empfehlungen ab. Brisant könnte es vor allem für das Bundesamt für Verkehr BAV werden. Die GPK empfiehlt nämlich, eine externe Untersuchung durchzuführen, wie das Amt die Post beaufsichtigt hat und ob dabei Fehler unterlaufen sind.
Bundesrat muss über die Bücher
Auch der Bundesrat muss über die Bücher. Er soll einerseits einen ständigen Ausschuss schaffen, der die bundesnahen Unternehmen, zu denen neben der Post, auch Swisscom, SBB und Ruag gehören, strenger beaufsichtigt. Andererseits soll er prüfen, Postauto von der Verpflichtung, Renditen einzufahren, zu entbinden.