Schweizer Granaten in Jemen gefunden
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Youtube-Dokumentation zeigt:In Jemen: Schweizer Granaten von der Miliz genutzt?

Ruag bestätigt Waffenlieferung an die Scheichs
Schweizer Handgranaten nun auch im Jemen-Krieg

Erneut sind Schweizer Waffen in einem Kriegsgebiet aufgetaucht: Ein Video beweist, dass Handgranaten der Schweizer Waffenschmiede Ruag von Terror-Milizen im Jemen benutzt werden. Das ist Wasser auf die Mühlen der Korrektur-Initiative.
Publiziert: 07.02.2019 um 19:44 Uhr
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Aktualisiert: 20.10.2020 um 12:42 Uhr
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Ruag-Handgranaten befinden sich in Besitz der Abu-al-Abbas-Brigaden im Jemen. Das beweisen Filmaufnahmen des deutschen Ausland-Senders «Deutsche Welle» («DW»).
Foto: Screenshot
Pascal Tischhauser und Sermîn Faki

Schon wieder sind Schweizer Waffen in den falschen Händen geraten! Handgranaten der Schweizer Waffenschmiede Ruag kommen im Jemen zum Einsatz. Das geht aus einem TV-Beitrag des deutschen Ausland-Senders «Deutsche Welle» hervor.

Die Handgranaten des Typs HG 85 werden von den Abu-al-Abbas Brigaden eingesetzt. Die Brigaden sind eine schiitischen Miliz, die im Jemen mit saudischer Unterstützung gegen die Huthi-Rebellen kämpft.

Seco hat den Fall untersucht

Die Handgranaten stammen vom bundeseigenen Waffenkonzern Ruag. Anhand der Seriennummer einer Granate habe das Unternehmen den Weg in den Jemen nachzeichnen können, berichtet das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel».

Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hatte den Fall untersucht: «Wir bestätigen, dass das Seco im vom Journalistennetzwerk «Reporters for Investigative Journalism (ARIJ)», eine Anfrage erhalten hat», sagt das Staatssekretariat auf Anfrage. Es habe diese geprüft und keinen erneuten Verstoss gegen das Schweizer Kriegsmaterialgesetzt festgestellt.

Moratorium gefordert

Die Ruag hatte 2003 Granaten an die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geliefert. Wie der SonntagsBlick publik gemacht hatte, ging ein Teil dieser Granaten an IS-Terroristen im Syrien-Krieg. Das Seco geht davon aus, dass nun ein Teil der 2003er-Lieferung im Jemen aufgetaucht ist.

Der Sekretär der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) «Es braucht dringend rote Linien bei Schweizer Waffenexporten», sagt GSoA-Sekretär Lewin Lempert (22). «Der erneute Fund einer Handgranate wirft die Frage auf, ob die Vereinigte Arabische Emirate nicht bloss einmal, sondern mehrfach gegen die Nichtwiederausfuhr-Erklärung verstossen haben.»

Er fordert für die nächsten 20 Jahre ein Moratorium für Waffenlieferungen in die Emirate. Zudem sieht er den neuerlichen Waffenfund als Bestätigung dafür, dass es die Korrektur-Initiative braucht, die die jüngsten Lockerungen der Waffenausfuhr-Regeln rückgängig machen will. Es seien schon 100'000 Unterschriften zusammen, sagt Lempert..

Druck auf Ständerat steigt

Damit steigt der Druck auf den Ständerat. Auf seiner Traktandenliste steht am Montag die Motion der BDP, die verhindern will, dass der Bundesrat weiterhin nach eigenem Gutdünken die Regeln für Waffenexporte abändern darf.

Die Kleine Kammer wies die Motion in der Wintersession an ihre vorberatende Sicherheitskommission (SIK) zurück – mit dem Auftrag, diese weichzuspülen. Und so kommt es nun Anfang kommender Woche in der SIK-Sitzung zum nächsten Showdown in Sachen Waffenexporten.

BLICK weiss, dass bis jetzt kein ausformulierter Antrag für eine Abänderung der BDP- Motion vorliegt. Die SIK ist auch nicht gezwungen etwas zu unternehmen: Sie kann die Motion dem Gesamtrat einfach wieder zur Ablehnung empfehlen.

«Pragmatischer Rettungsversuch»

Vermutlich wird die SIK jedoch den Vorschlag von BDP-Präsident Martin Landolt (50) diskutieren, den er schon im Dezember gegenüber BLICK formuliert hat: «Wir geben dem Ständerat die Gelegenheit, den zweiten Teil des Motionstextes herauszustreichen – nämlich die Harmonisierung zwischen Güterkontrollgesetz und Kriegsmaterialgesetz, die offensichtlich zu Unsicherheiten in der Industrie führten», so der Glarner Nationalrat.

Dieser «pragmatische Rettungsversuch», wie BDP-Ständerat Werner Luginbühl (61) den Kompromiss nennt, ist jedoch nicht so schnell umgesetzt. Der Ständerat wird den Entscheid über die Waffenexport-Bewilligungskriterien nicht einfach Parlament und Volk überlassen wollen. Eine Regelung jedoch, die den Bundesrat verbindlicher in die Pflicht nimmt und zum Beispiel bei einer Verordnungsänderung zwingend eine Befragung der parlamentarischen Kommission vorsieht, könnte eine Chance haben.

Allerdings wagt nicht einmal SIK-Präsident Josef Dittli (61) eine Prognose: «Ich bin zur Zeit auch nicht in der Lage, einen Trend zu erkennen.»

100’000 Unterschriften gegen Waffenausfuhren

Die Allianz, in der BDP, GLP, SP und die Grünen, Hilfswerke und kirchliche Organisationen sowie die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) vertreten sind, hat «100'000 Unterschriften für die Korrektur-Initiative beisammen», wie GSoA-Sekretär Lewin Lempert (22) sagt.

Nachdem die Schweiz Waffenexporte in Länder ermöglichte, die Menschenrechte verletzen, wollte der Bundesrat Lieferungen in Bürgerkriegsländer erlauben, was auf grossen Widerstand stiess. Letzteres ist auf Eis gelegt.

Die Korrektur-Initiative will beides rückgängig machen. Erst letzten Herbst gestartet, hat die Allianz schon die notwendigen Unterschriften beisammen. Doch Lempert betont: «Jetzt müssen wir nochmals Gas geben. Der Handgranaten-Fund im Jemen muss Ansporn sein, die Unterschriftsbögen rasch zu retournieren, damit wir tatsächlich genügend gültige Signaturen haben.»

Die Allianz, in der BDP, GLP, SP und die Grünen, Hilfswerke und kirchliche Organisationen sowie die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA) vertreten sind, hat «100'000 Unterschriften für die Korrektur-Initiative beisammen», wie GSoA-Sekretär Lewin Lempert (22) sagt.

Nachdem die Schweiz Waffenexporte in Länder ermöglichte, die Menschenrechte verletzen, wollte der Bundesrat Lieferungen in Bürgerkriegsländer erlauben, was auf grossen Widerstand stiess. Letzteres ist auf Eis gelegt.

Die Korrektur-Initiative will beides rückgängig machen. Erst letzten Herbst gestartet, hat die Allianz schon die notwendigen Unterschriften beisammen. Doch Lempert betont: «Jetzt müssen wir nochmals Gas geben. Der Handgranaten-Fund im Jemen muss Ansporn sein, die Unterschriftsbögen rasch zu retournieren, damit wir tatsächlich genügend gültige Signaturen haben.»

Darum geht es im Jemen-Krieg

Die Huthi fühlten sich als schiitische Minderheit im Jemen schon lange politisch, wirtschaftlich und religiös ausgegrenzt. 2014 erobern Huthi-Rebellen grosse Teile des Landes und übernehmen de facto die Macht.
Da die antiwestlich eingestellten Huthi gute Beziehungen zum Iran pflegen, fürchtet Saudi-Arabien, der Erzfeind könnte damit an Einfluss im Jemen gewinnen.

Eine Militärkoalition unter der Führung des sunnitischen Saudi-Arabiens hat deshalb 2015 politisch und militärisch in den Konflikt eingegriffen. Sie kämpfen fast ausschliesslich aus der Luft.
Der Koalition gehören neben Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain, Kuwait, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal an. Logistisch unterstützt werden sie von den Briten, Franzosen und Amerikanern. Menschenrechtsorganisationen werfen beiden Parteien Kriegsverbrechen vor. Im September scheiterten Friedensgespräche, weil die Huthi-Rebellen den Verhandlungen fernblieben.

Anhänger der schiitischen Huthi-Rebellen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa.
Anhänger der schiitischen Huthi-Rebellen in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa.
KEYSTONE/EPA/YAHYA ARHAB

Die Huthi fühlten sich als schiitische Minderheit im Jemen schon lange politisch, wirtschaftlich und religiös ausgegrenzt. 2014 erobern Huthi-Rebellen grosse Teile des Landes und übernehmen de facto die Macht.
Da die antiwestlich eingestellten Huthi gute Beziehungen zum Iran pflegen, fürchtet Saudi-Arabien, der Erzfeind könnte damit an Einfluss im Jemen gewinnen.

Eine Militärkoalition unter der Führung des sunnitischen Saudi-Arabiens hat deshalb 2015 politisch und militärisch in den Konflikt eingegriffen. Sie kämpfen fast ausschliesslich aus der Luft.
Der Koalition gehören neben Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain, Kuwait, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko, Sudan und Senegal an. Logistisch unterstützt werden sie von den Briten, Franzosen und Amerikanern. Menschenrechtsorganisationen werfen beiden Parteien Kriegsverbrechen vor. Im September scheiterten Friedensgespräche, weil die Huthi-Rebellen den Verhandlungen fernblieben.

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