Es sei grotesk, die Einbürgerungspraxis zu verschärfen und gleichzeitig Betroffene zu ermuntern, von der aktuellen, laschen Praxis noch zu profitieren, sagte der kantonale SVP-Präsident Konrad Langhart am Freitag vor den Medien.
Mit dieser Vorgehensweise werde der Staat ad absurdum geführt und die demokratischen Strukturen und Verfahren in der politischen Meinungsbildung der Lächerlichkeit preisgegeben. Der Wille des nationalen Gesetzgebers werde unterlaufen, betonte der Gemeindepräsident von Hüntwangen ZH und SVP-Kantonsrat Matthias Hauser. Es handle sich um Machtmissbrauch auf dem Buckel der Gemeinden.
Nationalrat Thomas Matter erwartet, dass auf die Masseneinwanderung die Masseneinbürgerung folgt. Und Mauro Tuena, Nationalrat und Präsident der SVP der Stadt Zürich, befürchtet, dass nun schlecht integrierte Personen in einer Expressaktion noch schnell eingebürgert werden sollen.
Aktive Information ausdrücklich begrüsst
Am 1. Januar 2018 tritt das revidierte eidgenössische Bürgerrechtsgesetz in Kraft. Für eine Einbürgerung wird dann – neben anderen Erfordernissen – neu der Besitz einer Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) verlangt. Mit einer B- oder einer F-Bewilligung ist keine Einbürgerung mehr möglich.
Mehrere Kantone und Städte haben Personen, die die heutigen Voraussetzungen erfüllen, bereits aktiv über die geplanten Änderungen informiert.
Auch die Stadt Zürich hat rund 40’000 Schreiben verschickt. Es sei wichtig und erwünscht, dass sich Ausländerinnen und Ausländer einbürgern lassen, die die Voraussetzungen erfüllen, teilte die Stadt mit. Je mehr Menschen sich beteiligen, umso lebendiger sei die Demokratie.
Die SVP sieht den Musterbrief als Teil einer Kampagne von sozialistischen Exekutivpolitikern. Allerdings hat der Bundesrat ausdrücklich Massnahmen begrüsst, mit denen betroffene Personen aktiv über die Möglichkeit des Bürgerrechtserwerbs sowie das dazu nötige Verfahren informiert werden. Dieselbe Meinung vertritt auch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD).
Gemeinden können selbst entscheiden
Die Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr (SP) bleibt angesichts der SVP-Vorwürfe gelassen. Es sei dasselbe, wie wenn eine Pensionskasse die fast Pensionierten darüber informiert, dass es Verschlechterungen gibt und sie sich allenfalls früh pensionieren lassen könnten, wie sie gegenüber dem «Regionaljournal Zürich/Schaffhausen» von SRF sagte.
Ob Gemeinden den Musterbrief, ein eigenes Schreiben oder gar keines verschicken, bleibt ihnen sowieso selbst überlassen. (SDA)