Als am letzten Donnerstag der Nationalrat die letzten Debatten der ablaufenden Legislatur austrug, blieb ein Vorstoss des freisinnigen Parlamentariers Hans-Peter Portmann (56, ZH) liegen. Die Zeit reichte schlicht nicht mehr.
Dabei hatte das Postulat noch wenige Stunden zuvor für grosse Aufregung in der Wandelhalle gesorgt. Denn Portmann verlangt darin einen Bericht des Bundesrats, wie die Schweiz den «gegenseitigen Austausch verschiedenster gemeinsamer Interessen mit Taiwan» verbessern könne. Eine Idee mit Sprengpotenzial: Namentlich Vertreter der SVP sorgen sich, dass Bern damit die chinesische Führung vor den Kopf stossen könnte. Peking betrachtet das faktisch unabhängige, aber von der internationalen Staatenwelt offiziell nicht anerkannte Taiwan seit dem Sieg der Kommunisten 1949 als Teil seines Staats.
SVP läuft Sturm
So nahmen Vertreter der Rechtspartei Portmann in die Mangel. «Drei Ratsmitglieder forderten mich auf, das Postulat zurückzuziehen: Jean-François Rime, Magdalena Martullo und Thomas Hurter», sagt der Freisinnige. Martullo habe ihm gar vorgeworfen, eine Krise mit China zu provozieren. Dabei habe er in seinem Text betont, die «einheitliche Chinapolitik» zu respektieren.
«Würde ich einem solchen Druckversuch nachgeben, wäre unsere Demokratie erpressbar!», empört sich Portmann. Während der Präsident des Gewerbeverbandes und die Ems-Chefin nicht auf eine Anfrage von SonntagsBlick antworteten, erklärt der Schaffhauser Hurter (55): «Solche Vorstösse bringen ausser einer persönlichen Wahlwerbung nur Unruhe für unser Land.» Die Schweiz sei neutral und sollte sich möglichst aus Konflikten anderer Länder heraushalten.
Glarner will Postulat zustimmen
Allerdings hatte die SVP ursprünglich Portmanns Ansinnen unterstützt. Erst am Donnerstagmorgen erliess die Führungsriege die Order, das Postulat sei bei der Abstimmung abzulehnen. Das passt nicht allen Fraktionsmitgliedern: «Ich habe deutlich gemacht, dass ich dennoch zustimmen würde. Schliesslich könnte die Schweiz von einem Abbau der Zölle massiv profitieren», glaubt SVP-Nationalrat Andreas Glarner (56, AG). Als Präsident der Handelskammer Schweiz-Taiwan masse er sich an, dies beurteilen zu können. «Aber offenbar haben auch in der SVP einige Leute Angst, China zu verärgern.»
Das erinnert den Aargauer an den Umgang mit der EU: «Überall sollen wir kuschen.» Sollte das Postulat in der nächsten Session zur Abstimmung kommen, wird Glarner sich für eine Annahme einsetzen.
Neuer Vorstoss geplant
Auch der Luzerner SVPler Felix Müri (61) wurde von der neuen Weisung überrascht. Er vermutet, dass die eigene Fraktion in der Frage gespalten sei. Müri fürchtet nun aber, dass der einmal mehr vertagte Vorstoss Portmanns gar ohne Diskussion abgeschrieben werden könnte.
Dann werde er halt selber einen ähnlichen Antrag einreichen. Müri: «Es spricht aus meiner Sicht nichts dagegen, die Beziehungen zu Taiwan zu pflegen.»