Die Schweiz ist stolz auf ihre vier Landessprachen. Doch ausgerechnet im Bundeshaus soll es mit der Verständigung gewaltig hapern. Der Waadtländer Nationalrat Fathi Derder (FDP) jedenfalls zog gestern in der Zeitung «Le Temps» heftig vom Leder gegen Deutschschweizer Politiker, «die kein Wort Französisch verstehen».
Das Sprachdefizit sei so gross, dass selbst Bundesräte aus der Romandie zentrale Passagen ihrer Reden auf Deutsch hielten, um sicherzustellen, dass die Botschaft ankommt. Werde über längere Zeit französisch gesprochen, flache die Aufmerksamkeitskurve im Nationalratssaal rapide ab. Als Aussenminister Didier Burkhalter kürzlich auf Französisch referierte, soll es sogar entnervte Zwischenrufe aus den SVP-Reihen gegeben haben: «Kann ihn jemand zum Schweigen bringen?»
Existiert im Bundeshaus tatsächlich ein informeller Deutsch-Zwang? Einer, der es wissen muss, ist der perfekt zweisprachige Jean-François Steiert (SP/FR). «Es kommt schon vor, dass ich besonders wichtige Voten auf Deutsch halte», sagt er. Denn tatsächlich gebe es einige Kollegen im Parlament, die kein Französisch verstünden. Das sei aber schon früher so gewesen.
Ähnlich tönt es bei CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS). Auch er argumentiere in Kommissionssitzungen oft in seiner Zweitsprache Deutsch, sagt Buttet. «Geht es hart auf hart, führt daran kein Weg vorbei.» Er wolle sich aber darüber nicht beklagen. «Bei uns im Wallis ist es genau umgekehrt: Die Oberwalliser müssen französisch sprechen, wenn sie sich Gehör verschaffen wollen.»