Es sieht leider nicht gut aus in der Schweiz. Es sieht gar himmeltraurig aus, wenn wir ehrlich sind: Unser Land und unsere Kantone sind nicht fähig, digitale Hilfsmittel für die Bewältigung der Pandemie anzubieten. Auch ein Jahr nach Ausbruch der Krise nicht.
Vier beschämende Beispiele:
- Es gibt immer noch keine zentrale Plattform, die alle relevanten Daten der Corona-Pandemie auf einen Blick sichtbar macht.
- Es gibt immer noch keine Covid-App, die einerseits von den Bürgerinnen und Bürgern als Hilfe angesehen wird – und andererseits schnell und verlässlich wirkt, warnt und damit vor allem eines tut: schützt.
- Es gibt immer noch nicht in allen Kantonen eine verlässliche, einfach bedienbare Registrierungsplattform für Impfwillige. Im Kanton Zürich – ein beinahe unfassbares Beispiel – warten die Bürgerinnen und Bürger immer noch! Es ist nun Ende März. Seit Herbst, spätestens, ist bekannt: Die Impfungen kommen.
- Die Schweizer Impf-Plattform meineimpfungen.ch weist offensichtlich gravierende Sicherheitsmängel auf. Die Impfkonten können ohne grossen Aufwand manipuliert werden. Selbst jene von Bundesräten. Die Seite musste umgehend vom Netz genommen werden.
Und dann sollte noch der digitale Impfausweis kommen ...
Die Schweiz hat die besten Hochschulen. Die Schweiz hat die intelligentesten Forscher.
Die Schweiz hat das Geld. Die Schweiz ist eine Wissensnation. International bewundert. Die Schweiz hat Unternehmen, gross und klein, die digital weltweit führend sind.
Der öffentliche Sektor, so das pragmatische Fazit, ist nicht fähig, diese historische Krise dank digitaler Hilfsmittel besser, schneller, sicherer und effizienter zu bewältigen. Die – durchaus lebenswichtigen – Schnittstellen zwischen Bund, Kantonen, Wissenschaft und Wirtschaft funktionieren nicht.
Unternehmerinnen und Manager bieten – unglaubliche – Anekdoten untereinander feil, wie lange es ging (zwei Monate beim einen, elf Wochen beim anderen), bis eine Antwort der Behörden auf ein Hilfsangebot zu diesen digitalen Herausforderungen zurückkam. Es handelt sich hier um international anerkannte Unternehmen, notabene.
Dies alles ist der Schweiz unwürdig. Eines Landes, in dem die Menschen nervös werden, wenn ihr Zug zwei Minuten zu spät auf dem Perron ankommt.
Marc Walder ist CEO der Ringier AG, zu der auch die Blick-Gruppe gehört, und Gründer der Standort-Initiative digitalswitzerland.