Rentner Thomas Handschin will Jungen in der Politik mehr Gewicht geben
Gebt Kindern ab Geburt eine Stimme!

In Thomas Handschin hat die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr einen Verbündeten gefunden. Der pensionierte Ökonom setzt sich im Vorstand des Vereins Kinderlobby seit 20 Jahren für das Stimmrecht ab Geburt ein.
Publiziert: 03.07.2016 um 12:37 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:59 Uhr
Thomas Handschin (rechts), Vorstand des Vereins Kinderlobby.
Interview: Sermîn Faki

Herr Handschin, leben wir in einer Gerontokratie, wo die Jungen zu wenig Gewicht haben?
Thomas Handschin:
Ein bisschen schon. Es gibt Fragen, in denen die Alten die Jungen überstimmen. Beispiele sind die Verwahrungsinitiative, der biometrische Pass und die Abstimmung über die Personenfreizügigkeit um Jahr 2009. Hier hatten die 18‐ bis 29‐Jährigen eine fundamental andere Meinung als die über 60‐Jährigen.

Sie fordern das Stimmrecht für Kinder ab Geburt. Wieso?
Es heisst: one man – one vote. Jede Person sollte eine Stimme haben. Kinder sind Personen. Und sie sind, weil sie im Gegensatz zu uns «Alten» noch alle Phasen des Lebens vor sich haben, von politischen Entscheiden viel stärker betroffen.

In Wahrheit stärken Sie damit nur die Stimmen der Eltern.
Nein. Die Eltern nehmen das Stimmrecht nur so lange treuhänderisch wahr, bis das Kind selbst abstimmen will.

Kinder können so komplexe Entscheide, wie sie an der Urne gefragt sind, gar nicht treffen. Sie verstehen sie nicht.
Zu Ende gedacht würde das heissen, dass jeder Stimmbürger vor dem Urnengang einen Test machen muss, ob er die Vorlage versteht. Alter ist kein Intelligenznachweis, sondern nur ein Notbehelf für die Festlegung der Stimmberechtigung. Ausserdem: One man one vote heisst, jeder darf stimmen, egal, wie klug oder arm oder alt er ist.

Bei den 18‐ bis 29‐Jährige nehmen nur wenige ihr Stimmrecht wahr. Warum sollte man es jetzt noch den Kindern geben?
Junge Erwachsene würden häufiger abstimmen, wenn sie schon von klein auf lernen, dass ihre Stimme Gewicht hat. So aber wachsen sie auf, ohne dass sie sich äussern können. Das ist doch eine Beleidigung.

Bei der Politik konnte die Kinderlobby damit bisher nicht punkten.
Weil Parteien Angst vor dem Scheitern einer Vorlage haben. Dennoch verwundert mich das immer wieder, besonders bei der SP. Eine Partei, die die Überwindung des Kapitalismus im Parteiprogramm hat, sollte doch mit dem Kinderstimmrecht als Vision kein Problem haben. Insofern danke ich Frau Fehr, dass sie die Diskussion angestossen hat.

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