Kann man gleichzeitig Mutter und Bundesrätin sein? Geht es nach der St. Gallerin Karin Keller-Sutter (55, FDP) ist das schwierig: «Man kann nicht alles haben: drei Kinder, ein Verwaltungsratsmandat und eine politische Karriere.» Die Bundesrätin sieht die Gefahr, dass sich frau so selber überfordert.
Keine zeitgemässe Einstellung, ist man versucht zu sagen. Doch schaut man sich die aktuelle Landesregierung an, scheint KKS nicht ganz unrecht zu haben: Neben Keller-Sutter (55, FDP) haben auch Simonetta Sommaruga (59, SP) und Viola Amherd (57, CVP) keine Kinder. Und sollte die grüne Nationalrätin Regula Rytz (57) am 11. Dezember den Sprung in den Bundesrat schaffen, wären gar vier Bundesrätinnen kinderlos.
Ueli Maurer hat sechs Kinder
Anders sieht es bei den Männern aus. SVP-Bundespräsident Ueli Maurer (68) etwa ist Vater einer Grossfamilie – der Zürcher hat gleich sechs Kinder! Auch Bundesratskollege Alain Berset (47, SP) hat mit seiner Frau drei Kinder.
Die Vaterrolle scheint einfacher mit einer politischen Karriere zu vereinbaren zu sein, als jene der Mutter. Wie kommt das? Die Vermutung liegt nahe, dass es die Mütter den Politikern ermöglichen, in Bundesbern zu wirken.
Kein leichter Entscheid
Für die Mütter hingegen ist es offensichtlich kein leichtes Unterfangen, Kind und Karriere unter einen Hut zu bekommen. Karin Keller-Sutter räumte ein, dass ihre politische Karriere nicht möglich gewesen wäre mit Kind. Die frühere Regierungsrätin, die mit drei Brüdern aufwuchs, hätte gerne Kinder gehabt. Nach zwei Fehlgeburten, mussten sie und ihr Mann Morten Keller den Kinderwunsch jedoch begraben.
Auch Simonetta Sommaruga ist der Entscheid, auf Kinder zu verzichten, «nicht leicht gefallen». Ihr Lebenskonzept sei immer die Familie und nicht die Karriere gewesen, sagte sie einmal.
Und damit sind die amtierenden Bundesrätinnen nicht alleine. Auch die ehemalige CVP-Magistratin Doris Leuthard (56, CVP) sagte in einem Interview, sie hätte wahrscheinlich ein anderes Leben geführt, wenn sie und ihr Partner Kinder «gekriegt hätten». Vor ihr gehörten auch Ruth Metzler (55, CVP) und Ruth Dreifuss (79, SP) zu den kinderlosen Frauen im Bundesrat.
Der Widmer-Schlumpf-Clan
Doch es gibt Ausnahmen: Eveline Widmer-Schlumpf (63, BDP) hatte bei ihrer Wahl in den Bundesrat drei erwachsene Kinder. Bei den Schlumpfs hat Politik Tradition: Vater Leon Schlumpf (†87) war von 1980 bis 1987 Bundesrat. Und auch die Kinder von Widmer-Schlumpf mischen nun aktiv im Politzirkus mit. Sohn Ursin Widmer (30) ist Kantonsrat der Bündner BDP und Tochter Carmen Widmer Blum (35) ist für die Luzerner CVP aktiv.
Auch die frühere SP-Bundesrätin Micheline Calmy Rey (74) hatte mit ihrem Mann einen Sohn und eine Tochter – und ist inzwischen dreifache Grossmutter. Die allererste Bundesrätin Elisabeth Kopp (82, FDP) hatte ebenfalls eine Tochter.
SP-Mamas im Bundeshaus
Doch nicht nur als Bundesrätin ist es noch immer schwierig, das Amt mit Kind zu meistern. Das gilt auch für andere Spitzenpolitikerinnen: Es ging ein Aufschrei durch die Schweiz, als es hiess, dass den SP-Frauen ihre kleinen Kinder im Weg stünden fürs Amt der Parteipräsidentin.
Dabei deuten die jüngsten Absagen von Nadine Masshardt (35) und Flavia Wasserfallen (40) darauf hin, dass es unsere Gesellschaft noch immer nicht geschafft hat Strukturen aufzubauen und Männer zu akzeptieren, die sich zu Grossteilen um die Kinder kümmern, so dass Mama in Bundesbern den noch immer von Männern dominierten Politikerrunden vorstehen kann.