Regieren in der Krise
Parlamentarier wollen den Bundesrat entmachten

Der Bundesrat führt im Alleingang durch die Corona-Pandemie. Nun schmieden Politiker von links bis rechts Pläne, wie sie in Krisenzeiten mehr Einfluss bekommen.
Publiziert: 17.05.2020 um 14:54 Uhr
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Aktualisiert: 17.05.2020 um 15:33 Uhr
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In der Corona-Krise schliesst und öffnet der Bundesrat Läden, Schulen oder Restaurants. Alles im Alleingang. Alles zum Schutz der Bevölkerung vor dem Virus.
Foto: DUKAS

Der Bundesrat schliesst und öffnet Läden, Restaurants oder Schulen. Er schnürt Milliarden-Hilfspakete und bestimmt, wie viele Menschen sich auf der Strasse versammeln dürfen. Ganz wie es im gefällt. Das Notrecht-Regime macht es möglich. Ab und zu würden einzelne Regierungsmitglieder geradezu von einem Macht-Flash erfasst, sagt FDP-Ständerat Andrea Caroni (40) in der «SonntagsZeitung».

Das Parlament kann meist nur noch nachträglich abnicken. Diese «krisenbedingte Machtballung» ist vielen Politikern nicht mehr geheuer. Sie fordern eine bessere Kontrolle und Legitimation der Entscheide. Für Ende Mai ist daher ein «Notstandsgipfel» vorgesehen, bei dem Parlamentsvertreter beraten wollen. Ideen gibt es schon einige, wie die Handlungsfähigkeit des Parlaments in Krisensituationen gegenüber dem Bundesrat gestärkt werden könnte.

Keine Notlage ohne Zustimmung des Parlaments

So schlägt SVP-Nationalrat Alfred Heer (58) vor, dass der Bundesrat künftig ein Zweidrittelmehr im Parlament benötigt, um eine ausserordentliche Lage auszurufen. Das Parlament soll zudem einzelne Massnahmen aufheben können. «Die Entscheide des Bundesrats müssen breit abgestützt und für die Bürger nachvollziehbar sein», wird Heer zitiert. Heute fehle es an Transparenz.

Parlament tagt in der Krise permanent

Für SP-Nationalrat Cédric Wermuth (34) soll der Bundesrat zwar die Möglichkeit behalten, rasch zu handeln. In einer Notlage soll jedoch ein stehendes, permanent tagendes Parlament notrechtliche Beschlüsse der Regierung korrigieren oder eigene Massnahmen beschliessen können. Wermuth erkennt gerade den Einfluss von Verbänden auf den Bundesrat als grosses Problem. Deshalb brauche es das Parlament als Gegengewicht.

Kontrolle durch Parlaments-Delegation

Ständeratspräsident Hans Stöckli (68) wiederum schwebt eine «Notrechtsdelegation» vor. Diese müsste den Entscheid des Bundesrats über eine ausserordentliche Lage bestätigen. Während des Notrechts müsse das Parlament konkrete Massnahmen des Bundesrats beraten können, findet der Sozialdemokrat. Beschlüsse des Bundesrats seien so besser legitimiert und kontrolliert, ohne seine Handlungsfähigkeit zu stark einzuschränken.

Delegation kann rascher reagieren

Die CVP fordert, dass Notrechts-Erlasse von einer Rechtsdelegation des Parlaments geprüft werden. Vorbild könnte die bestehende Finanzdelegation sein. «In Notsituationen fehlt die Zeit, um das ganze Parlament einzubeziehen», so CVP-Nationalrat Philipp Matthias Bregy (41). Eine Delegation könne rascher reagieren.

Bundesgericht prüft Verhältnismässigkeit

Ganz anders Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli (48). Er will nicht die Kompetenzen des Parlaments erweitern, sondern jene der Gerichte. Die Grünen fordern, dass zum Beispiel das Bundesgericht Notverordnungen kontrollieren soll. Dieses müsse abwägen, ob die Verletzungen von Grundrechten zum Schutz der inneren und äusseren Sicherheit verhältnismässig sind.

Nicht alle im Parlament sind von diesen Plänen begeistert. Widerstand gibt es ausgerechnet vom Präsidenten der Staatspolitischen Kommission. Für SVP-Nationalrat Andreas Glarner (57) bringt es nichts, die Kompetenzen des Parlaments zu erweitern. «Übungen wie die Corona-Sondersession, in der alles einfach durchgewinkt wurde, können wir uns sparen», zitiert ihn die «SonntagsZeitung». (dba)

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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