Seit Wochen steht der Amazonas in Flammen. Es brennt nicht nur in Brasilien, sondern auch in Venezuela, Kolumbien, Peru und Bolivien.
Allein im Departement Santa Cruz im Osten Boliviens ist eine Fläche von mehr als einer Million Hektaren Wald und Savanne betroffen. Anders als Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro (64) lässt sich Bolivien aber helfen. Unter anderem von der Schweiz. Auf Ersuchen des Landes hat die Humanitäre Hilfe des Bundes ein regionales Soforthilfe-Team zur Unterstützung der Brandbekämpfung entsandt.
Vier Deza-Experten im Einsatz
Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) verfügt in Lateinamerika über einen Pool von ausgebildeten Soforthilfe-Experten, die für Nothilfe-Operationen in den Einsatz geschickt werden können. Dank dieser Präsenz befinden sich derzeit zwei Experten aus Bolivien und zwei aus Peru im Brandgebiet im Einsatz. «Unser Team arbeitet bis zu 17 Stunden am Tag und unterstützt die Brandbekämpfung mit unserem Wissen und den Notfallkapazitäten», sagt Team-Chef Rodrigo Villavicencio.
Stationiert in Roboré, wo sich auch die Operationszentrale der bolivianischen Behörden befindet, arbeitet das Team in zwei Bereichen:
- Sie unterstützen die lokalen Behörden bei der Beschaffung von Informationen, etwa von besseren Satellitenbildern: Mit Hilfe von Karten, die alle sechs Stunden aktualisiert werden, kann die Entwicklung der Brandherde bei der Bekämpfung aus der Luft und am Boden besser analysiert werden. Und das Löschen wird einfacher.
- Zudem haben die Spezialisten rund 200 Einsatzkräfte von Feuerwehr und Armee mit Werkzeug und Schutzausrüstung – Helme, Feuerwehrbeile, Schutzbrillen und Rauchschutzmasken – ausgerüstet.
«Die Einsatzkräfte wurden in den letzten Tagen stark verstärkt», sagt Omar Bellprat, der für die Satellitenbilder zuständig ist. Derzeit seien etwa 4000 Leute von Feuerwehr, Militär, Zivilschutz und NGOs im Einsatz.
«Die Leute warten auf das Ende der Feuer»
Erschwert werde ihre Arbeit dadurch, dass die verschiedenen Einheiten die Brände unterschiedlich bekämpften, ergänzt sein Stellvertreter Roberto Mendez. «Wir müssen Produkte von gemeinsamem Interesse entwickeln, die eine angemessene Koordinierung und Planung der Brandbekämpfung ermöglichen.»
Doch es gibt erste Erfolge: «Gestern wurden die grössten Brandherde unter Kontrolle gebracht, es bleiben jedoch kleinere aktiv und einige Zonen flammen erneut auf. Ausserdem sind die verschiedenen Brandherde über Distanzen von bis zu 1000 Kilometern verteilt, was die Kontrolle per Flugzeug erschwert.»
In Roboré herrsche angespannte Ruhe nach Tagen grosser Unsicherheit und Schmerz über die Katastrophe, so Logistik-Experte Jorge Villa. Und Chef Villavicencio ergänzt: «Die Leute warten auf das Ende der Feuer.»
Die Schweiz muss mehr tun, fordert EVP-Gugger
Der Zürcher EVP-Nationalrat Nik Gugger (49) freut sich über das Schweizer Engagement in Bolivien. Genug ist es ihm allerdings nicht: Er fordert vom Bund längerfristige Hilfe für den Amazonas. In der demnächst beginnenden Herbstsession wird er den Bundesrat auffordern, konkrete Vorschläge zu machen, wie die Schweiz in Zusammenarbeit mit lokalen Trägerschaften die Urwaldgebiete nachhaltig schützen und die Erholung der Wälder in den abgebrannten Gebieten fördern helfen könnte.
«Wenn weitere 20 Prozent der Waldfläche in Brasilien verloren gehen, kann dies eine unumkehrbare Kettenreaktion auslösen», so der Vizepräsident der Umweltschutzorganisation Birdlife Schweiz.
Breche etwa der Wasserhaushalt des Amazonas zusammen, verkomme das Amazonasbecken in kurzer Zeit zur Savanne. Und das würde massive Auswirkungen auf das Weltklima haben – ganz zu schweigen von der bedrohten Vielfalt an Tieren und Pflanzen, die die Lebensgrundlage der indigenen Völker im Amazonas bilden würden.
«Die Schweiz muss die grüne Lunge der Welt schützen», sagt Gugger zu BLICK. Das gehe am besten unter Einbezug der Ureinwohner und der Kleinbauern. Diese und ihre Lebensweise müsse man vor den Agrarkonzernen, die den Urwald in Plantagenland verwandeln wollten, schützen, sagt Gugger mit Verweis auf das Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten (siehe Box). «Damit verschaffen wir unserer Exportwirtschaft Profite für die nächsten Jahre. Aber wenn wir gleichzeitig nicht helfen, die Umwelt dort zu erhalten, betreiben wie Raubrittertum», sagt er.
Mercosur ist die Abkürzung für Mercado Común del Sur, zu Deutsch «Gemeinsamer Markt des Südens». Es handelt sich hierbei um einen Binnenmarkt der Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Weitere Staaten wie Ecuador, Chile und Bolivien sind assoziiert.
Die Schweiz will ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten aushandeln. Denn so bekäme die Schweizer Wirtschaft Zugang zu einem Markt, der 260 Millionen Menschen und ungefähr 72 Prozent der Fläche Südamerikas umfasst. Hier liegt also ein gigantischer Absatzmarkt für die Schweiz.
Die EU ist schon weiter
Bis jetzt exportiert die Schweiz nur Waren und Dienstleistungen im Wert von vier Milliarden Franken in den Süden Amerikas. Das liegt gemäss des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse an den hohen Importzöllen. Durchschnittlich sieben Prozent Zoll muss zahlen, wer seine Waren im Mercosur-Raum verkaufen will. Es kann aber auch deutlich mehr sein – bis zu 35 Prozent. Solche Zölle würden mit einem Freihandelsabkommen schrittweise abgebaut.
Die EU hat mit den Mercosur-Staaten im Juni ein Freihandelsabkommen geschlossen. Das heisst: Schweizer Unternehmen sind gegenüber der EU-Konkurrenz massiv benachteiligt.
Schweiz auf der Zielgeraden?
Eine generelle Einigung wurde bereits erzielt, auch wenn noch nicht alle Details klar sind und noch nichts unterschrieben ist. Und dann muss auch das Parlament seinen Segen geben. Skepsis herrscht bei Linken und Bauern. Denn damit die Schweizer Maschinenindustrie und Dienstleister Südamerika erobern können, verlangen die Mercosur-Staaten im Gegenzug, dass ihre Agrarprodukte zollfrei in die Schweiz gelangen.
Und das ängstigt die Schweizer Bauern. Denn Brasilien und Argentinien sind Agrar-Riesen. Insbesondere bei der Rindfleisch-Produktion können es die hiesigen Landwirte nicht mit den Südamerikanern aufnehmen. (sf)
Mercosur ist die Abkürzung für Mercado Común del Sur, zu Deutsch «Gemeinsamer Markt des Südens». Es handelt sich hierbei um einen Binnenmarkt der Länder Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Weitere Staaten wie Ecuador, Chile und Bolivien sind assoziiert.
Die Schweiz will ein Freihandelsabkommen mit den Mercosur-Staaten aushandeln. Denn so bekäme die Schweizer Wirtschaft Zugang zu einem Markt, der 260 Millionen Menschen und ungefähr 72 Prozent der Fläche Südamerikas umfasst. Hier liegt also ein gigantischer Absatzmarkt für die Schweiz.
Die EU ist schon weiter
Bis jetzt exportiert die Schweiz nur Waren und Dienstleistungen im Wert von vier Milliarden Franken in den Süden Amerikas. Das liegt gemäss des Wirtschaftsdachverbands Economiesuisse an den hohen Importzöllen. Durchschnittlich sieben Prozent Zoll muss zahlen, wer seine Waren im Mercosur-Raum verkaufen will. Es kann aber auch deutlich mehr sein – bis zu 35 Prozent. Solche Zölle würden mit einem Freihandelsabkommen schrittweise abgebaut.
Die EU hat mit den Mercosur-Staaten im Juni ein Freihandelsabkommen geschlossen. Das heisst: Schweizer Unternehmen sind gegenüber der EU-Konkurrenz massiv benachteiligt.
Schweiz auf der Zielgeraden?
Eine generelle Einigung wurde bereits erzielt, auch wenn noch nicht alle Details klar sind und noch nichts unterschrieben ist. Und dann muss auch das Parlament seinen Segen geben. Skepsis herrscht bei Linken und Bauern. Denn damit die Schweizer Maschinenindustrie und Dienstleister Südamerika erobern können, verlangen die Mercosur-Staaten im Gegenzug, dass ihre Agrarprodukte zollfrei in die Schweiz gelangen.
Und das ängstigt die Schweizer Bauern. Denn Brasilien und Argentinien sind Agrar-Riesen. Insbesondere bei der Rindfleisch-Produktion können es die hiesigen Landwirte nicht mit den Südamerikanern aufnehmen. (sf)