Pflege-Initiative bereits in der Kritik
Wieso soll der Pflegeberuf in die Verfassung?

Gerade lanciert, bereitet die Initiative «Für eine starke Pflege» einigen Parlamentariern schon jetzt Kopfzerbrechen. Sie haben Angst vor einer Kostenexplosion. Die Initianten geben Entwarnung.
Publiziert: 18.01.2017 um 12:59 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:36 Uhr
Kaum lanciert, steht die Pflege-Initiative schon in der Kritik.
Foto: PETER SCHNEIDER
Florian Wicki

Der Berufsverband der Pflegefachleute (SBK) will auf die steigenden Zahlen der älteren Menschen in der Schweiz reagieren. Weil dadurch auch mehr Pflegefachkräfte benötigt würden, lancierte er die «Volksinitiative für eine starke Pflege», kurz «Pflege-Initiative». 

Diese will die Pflegeberufe wieder attraktiver machen. So sollen unter anderem Pflegefachpersonen ihre eigenverantwortlich erbrachten Leistungen selber mit den Krankenkassen abrechnen dürfen. Obwohl sich im Parlament wohl niemand dazu hinreissen lässt, die Wichtigkeit der Pflege in Frage zu stellen, sind mit der Initiative trotzdem nicht alle einverstanden. 

 «Grundsätzlich nicht abgeneigt», aber ...

Sebastian Frehner (43), SVP-Nationalrat des Kantons Basel-Stadt.
Foto: Keystone

Da wäre zum einen der Basler SVP-Nationalrat Sebastian Frehner. «Ich bin dem Anliegen grundsätzlich nicht abgeneigt», sagt er auf Anfrage. Er fürchtet aber eine Mengenausweitung – also dass mehr Leistungen erbracht werden als nötig – die zu einer Kostenexplosion führen würde.

Darum wäre er nur für die Initiative zu gewinnen, wenn diese eine sogenannte Vertragsfreiheit beinhalten würde. Mit einer solchen sei es sowohl den Patienten wie auch den Krankenkassen selber überlassen, mit wem sie Verträge über Leistungen abschliessen wollten.

Bea Heim (70), SP-Nationalrätin des Kantons Solothurn.
Foto: GAETAN BALLY

Damit ist die Mitinitiantin und Solothurner SP-Nationalrätin Bea Heim überhaupt nicht einverstanden: «Die Vertragsfreiheit ist hier so gemeint, dass die Krankenkassen Kriterien bestimmen können, mit wem sie Verträge abschliessen wollen.»

Da es sich bei solchen mehrheitlich um finanzielle Kriterien handle und nicht qualitative, hätten die Krankenkassen ihrer Meinung nach nicht die Legitimation zu bestimmen, mit wem sie unter welchen Bedingungen Verträge abschliessen wollten.

Die Initianten glauben nicht an eine Kostensteigerung 

Heinz Brand (61), SVP-Nationalrat des Kantons Graubünden.
Foto: Keystone

Der Bündner SVP-Nationalrat Heinz Brand ist ebenfalls gegen die Initiative. Für ihn ist es unverständlich, warum der Berufsstand der Pflege in der Verfassung geregelt sein müsse. «Als nächstes kommt dann ein anderer Beruf, der auch in die Verfassung will!»

Die Initiative sei bloss eine Fortsetzung des Vorstosses von alt Nationalrat Rudolf Joder (SVP). Der habe vor ein paar Jahren in einer parlamentarischen Initiative dasselbe gefordert. Brand sei schon damals dagegen gewesen, und diese Initiative sei aus Sicht der Kostenträger ebenfalls problematisch, weil auch hier erhebliche Mehrkosten zu erwarten wären.

Rudolf Joder (66), alt SVP-Nationalrat des Kantons Bern.
Foto: Keystone

Der erwähnte alt Nationalrat Joder, der im Initiativkomitee sitzt und somit Mitverfasser ebensolcher war, will von einer Kostensteigerung nichts hören: «Die Krankenkassen haben jederzeit die Möglichkeit zu intervenieren, wenn sie den Eindruck haben, dass Massnahmen ergriffen werden, die nicht angemessen wären.»

Im Gegenteil, mit der Initiative könne man sogar Kosten sparen, da der administrative Aufwand reduziert werde, wenn die Pflege ein eigenständiger Beruf werde. Die Ärzte, die momentan mit ihren Unterschriften sogar Stützstrümpfe abnicken müssten, könnten das nachher nicht mehr den Krankenkassen verrechnen, da die Pflegefachkräfte solche Aufgaben ohne ärztliche Verordnung ausführen dürften.

Joders Vorstoss fiel einer unheiligen Allianz zwischen SP und SVP zum Opfer. Dass das bei dieser Initiative auch passieren wird, scheint bisher unwahrscheinlich.

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