Die Stadt St. Gallen hat erneut eine Krawallnacht hinter sich. Jugendliche lieferten sich eine Strassenschlacht mit der Polizei – mindestens zwei Verletzte sind zu verzeichnen. Laut Stadtpolizei wurden gar Polizisten mit Molotow-Cocktails beworfen.
Für Grünen-Nationalrätin Franziska Ryser (29), die bis 2019 noch im Stadtparlament von St. Gallen sass, ist das «massiv zu verurteilen», wie sie auf Twitter schreibt. «Das hat nichts mit Corona-Koller oder Jungsein zu tun!», so Ryser – sondern es gehe allein um die Lust auf Krawall.
Die Politik müsse den Frust der Jugendlichen zwar ernst nehmen, schreibt sie in einem weiteren Tweet. Doch betont gleichzeitig: «Molotowcocktails machen die Pandemie nicht erträglicher.»
St. Galler Politiker verstehen Unzufriedenheit
Mehr Verständnis äussert Peter Olibet, Präsident der St. Galler SP. Gemeinsam mit Stadtpräsidentin Maria Pappa war er am Freitagabend auf den Strassen St. Gallens unterwegs und habe das Gespräch gesucht. «Nach einem Jahr Corona-Massnahmen wollen sie nicht mehr», sagt er zu Blick TV. Der Abend sei mehrheitlich friedlich verlaufen – eine kleine Gruppe habe aber für die Eskalation gesorgt. «Es ist klar nicht der Weg, sich mit Strassenschlachten etwas zu erstreiten», sagt Olibet.
Auch die St. Galler FDP-Kantonsrätin Isabel Schorer zeigt ein gewisses Verständnis. «Die Bilder waren sehr erschreckend – aber sie haben mich auch berührt», sagt sie. «Ich glaube, das ist auch Ausdruck der Unzufriedenheit über die Corona-Verordnungen», so Schorer. Sie verurteile die Gewalt aber, betont die St. Galler Politikerin, man könne die Bedürfnisse auch friedlich kundtun.
«Nicht mehr zu rechtfertigen»
Ähnlich klingt es bei SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (35, AG). Noch am Freitagmittag fordert der Nationalrat in einem auf sozialen Medien veröffentlichten Video, das Gespräch mit den Jugendlichen zu suchen. Die Gewalt sei zu verurteilen, trotzdem frage er sich, «ob es der richtige Weg ist, mit Polizeigewalt gegen Jugendliche vorzugehen, die nach Monaten der Pandemie wieder etwas zusammensitzen».
Nach der erneuten Krawallnacht zeigt sich Wermuth kritischer: «Was gestern geschehen ist, lässt sich nicht mehr rechtfertigen», sagt er zu BLICK. Er betont aber, dass es «ein paar wenige sind, die diese sinnlose Gewalt suchen» – die keinesfalls für «die Jugend» stehen könnten.
Die grosse Mehrheit der Jugendlichen sei in einer schwierigen Situation, und es sei an der Politik, dies ernst zu nehmen. «Wichtig ist vor allem, dass die Jungen ihre Jobs und Lehrstellen nicht verlieren», so Wermuth. Und die Gesellschaft solle sich für das verlorene Jahr bedanken, in dem diese so solidarisch waren: Zum Beispiel mit Gutscheinen für Open Airs oder Kultur – wenn das dereinst wieder möglich ist. (gbl)