Die Raser von Suhr AG zeigen sich uneinsichtig
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Beiden droht eine hohe Strafe:Die Raser von Suhr AG zeigen sich uneinsichtig

Raser Mehmet B. (22) fürchtet Gefängnis und Landesverweis
Die wenigsten werden ausgeschafft

Der Türke Mehmet B. ist ausserorts mit Tempo 156 gebrettert – und fürchtet sich nun vor einer Ausschaffung. Seine Angst ist unbegründet. Sogar Todesraser mussten die Schweiz nicht verlassen.
Publiziert: 10.07.2019 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 20.07.2020 um 22:14 Uhr
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Hat wegen seiner Raserei Angst vor einer Ausschaffung: der Türke Mehmet B..
Foto: Ralph Donghi
Nico Menzato

Der Schweizer Milutin S.* (20) und der Türke Mehmet B.* (22) sind am letzten Wochenende zwischen Suhr und Hunzenschwil (beide AG) auf einer 80er-Strecke gerast – und geblitzt worden. Milutin S. donnerte in einem blauen Audi S3 (210 PS) mit Tempo 145 über die Strecke. Mehmet B. verfolgte ihn in einem schwarzen BMW M3 Competition (450 PS) mit 156 km/h.

Letzterer fällt mit seiner Tempoüberschreitung unter das 2013 verschärfte Rasergesetz. Ihm droht damit mindestens eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr. Doch der Türke hat Angst, sogar ins Gefängnis gesteckt zu werden. «Ich würde wohl ausgeschafft», sagt er zu BLICK.

Sogar Todesraser Nekti T. darf bleiben

Tatsächlich ist es möglich, dass das Migrationsamt einem Ausländer wegen Temposünden die Aufenthaltsbewilligung entzieht. Dies geschah etwa beim berühmtesten Raser der Schweiz, dem unverbesserlichen Amir B.*. Doch der aus dem Kosovo stammende Mann hatte viel mehr auf dem Kerbholz und war auch wegen bandenmässiger Diebstähle verurteilt worden.

Die Hürden, dass Ausländer die Schweiz wegen eines Raserdelikts tatsächlich verlassen müssen, sind jedoch hoch – selbst wenn dabei jemand getötet wurde. So hat das Bundesgericht 2016 entschieden, dass Nekti T., der 2008 in Schönenwerd SO Lorena W.* zu Tode fuhr, die Aufenthaltsbewilligung nicht entzogen werden darf.

Er stelle keine «schwere und gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit» dar, so die Richter. Die Wahrscheinlichkeit weiterer Delikte auf der Strasse erachtete das Bundesgericht als gering. Auch habe er keinen Bezug zu seiner Heimat Griechenland.

Personenfreizügigkeit schütz vor Ausweisung

Auch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von diesem Dienstag legt die unterschiedlichen Einschätzungen zwischen Behörden und Richter offen. Ein Franzose wurde zwei Mal viel zu schnell auf der Autobahn erwischt: mit Tempo 190, ein Mal gar mit 210 Sachen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) wollte ihm deshalb die Aufenthaltsbewilligung nicht verlängern.

Doch das Bundesverwaltungsgericht legte ihr Veto ein, wie die «NZZ» berichtet. Das Personenfreizügigkeitsabkommen schützt den Franzosen. Gemäss dem Abkommen darf eine Aufenthaltsbewilligung nur bei einer «ernsthaften Bedrohung» entzogen werden. Der Mann habe nach seiner zweiten Verurteilung eine Verkehrstherapie absolviert und sei wieder als «fahrtüchtig» eingestuft worden, argumentieren die Richter.

Bei Rasern gibts keinen Automatismus

Das Personenfreizügigkeitsabkommen schützt den Aargauer Temposünder Mehmet B., ein Türke, jedoch nicht. Wohl aber, dass er in der Schweiz geboren und aufgewachsen ist.

Angst vor einer automatischen Ausschaffung muss er ohnehin nicht haben. Rasen gehört nicht zu den Delikten, die gemäss Umsetzung der 2010 vom Volk angenommenen Ausschaffungs-Initiative zu einem obligatorischen Landesverweis führen.

* Namen der Redaktion bekannt

Aufnahmen zeigen die Verhaftung von Mehmet B. (22)
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Raser-Fahrt in Suhr AG:Aufnahmen zeigen die Verhaftung von Mehmet B. (22)

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