Ignazio Cassis (57, FDP) sieht beim Rahmenabkommen mit der EU die Möglichkeit, Ergänzungen oder Präzisierungen vorzunehmen. «Genau diesen Weg müssen wir gehen», sagte er gestern in einem Interview auf swissinfo.ch. Er sei zuversichtlich, dass vieles von dem, was jetzt in der Konsultation als strittig definiert worden sei, mit der EU nochmals besprochen werden könne, so der Aussenminister. «Dies nicht im Sinne einer Nachverhandlung – wir wissen, dass es keine solche mehr gibt.»
Das Timing dieser Aussage passt. Denn genau solche Klärungen forderten gestern die SP und auch die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK). «Unsere Position zum Rahmenabkommen ist kein ‹Ja, aber› und auch kein ‹Nein, aber›», sagte SP-Chef Christian Levrat (48). «Es ist ein grosses Aber!»
Zu viele offene Fragen
Entsprechend wirft die SP exakt 65 Fragen auf. «Was der Bundesrat bisher präsentierte, schafft keine Grundlage für eine seriöse Stellungnahme für oder gegen das Abkommen», so Levrat. Solange so viele Fragen offen seien, dürfe das Abkommen nicht unterzeichnet werden.
Nicht nur zur Anpassung der flankierenden Massnahmen, die den hiesigen Lohnschutz regeln, haben die Sozialdemokraten die bekannten Vorbehalte, sondern auch zu Unionsbürgerrichtlinie, Streitbeilegung und staatlichen Beihilfen.
Kantone sind skeptisch
Auch die KdK hätte, wie die SP, gerne ein Rahmenabkommen. «Es wäre von grosser Bedeutung», wie KdK-Präsident Benedikt Würth (51, CVP) ausführte. Aber erst wenn die vielen offenen Fragen geklärt seien, beziehe man Position, so Würth. Der grösste Vorbehalt hat die KdK bei den staatlichen Beihilfen – also bei Subventionen, die von der EU als wettbewerbsverzerrend taxiert werden könnten. Die Befürchtung: Die EU könnte mit dem Rahmenabkommen stark in die Kantonshoheit eingreifen und etwa steuerliche Regelungen für Firmen verbieten.