Die SVP will dem Bundesrat verbieten, mit der EU ein Rahmenabkommen abzuschliessen – und zwar in der Verfassung. Da die Landesregierung trotz Brexit und EU-Krise nicht die Kraft habe, die Verhandlungen zu stoppen, «muss die SVP das Heft in die Hand nehmen», erklärt Nationalrat Roger Köppel, unter dessen Federführung die Fraktion letzte Woche eine entsprechende Parlamentarische Initiative eingereicht hat.
Kantonen ein Abkommen des Bundes verbieten?
Das Heft in die Hand genommen hat die Partei selbst aber eher schludrig. Sie wollte das Verbot bei Artikel 43 einfügen. Das geht aus dem von Köppel, Parteipräsident Albert Rösti und Fraktionschef Adrian Amstutz unterschriebenen Vorstoss hervor, der BLICK vorliegt. Ein peinlicher Fehler, denn in Artikel 43 wäre das Verbot an der komplett falschen Stelle. Dort werden nämlich die Aufgaben der Kantone beschrieben. «Richtig» wäre ein solches Verbot in Artikel 54, wo es um die «auswärtigen Angelegenheiten», also die Beziehungen des Bunds zum Ausland, geht.
Ein Tippfehler, entschuldigt sich Köppel
Zum Glück für die SVP gibt es die Parlamentsdienste. Sie haben dafür gesorgt, dass der Vorstoss in der elektronischen Geschäftsdatenbank des Parlaments korrigiert wurde und nun den richtigen Artikel enthält. «Artikel 43 war natürlich ein Tippfehler, den wir korrigiert haben», entschuldigt sich Köppel.
Dass sich ein solcher Fehler in die Bundesverfassung einschleichen kann, ist ziemlich unwahrscheinlich. Jede parlamentarische Initiative durchläuft mehrere Kontrollen, unter anderem eine sprachliche im Parlamentssekretariat, später aber auch eine inhaltliche in der vorberatenden Kommission, in der alle Parteien sitzen. «Ein offensichtlicher Fehler wie eine falsche Artikelnummer» würde da gleich ins Auge springen, so eine Sprecherin der Parlamentsdienste.
Die Verfassung, die keine war
Dass die SVP die Verfassung nicht so gut kennt, beweist nicht nur dieser Lapsus: Als SVP-Fraktionschef Amstutz in der Debatte über die Masseneinwanderungs-Initiative den anderen Parlamentariern Verfassungsbruch vorwarf, untermalte er das, indem er mit einer Bundesverfassung herumfuchtelte – nur war es gar keine, wie ein Journalist des Westschweizern Fernsehens herausgefunden hat: Es war stattdessen der Verfassungskommentar eines Berner Jus-Professors aus dem Jahr 1891.