Das ging schnell: Die Antwort von Jean-Claude Juncker (64) auf den Brief aus der Schweiz zum Rahmenabkommen ist schon da. Mit einem handschriftlichen «Lieber Ueli» beginnt der EU-Kommissionspräsident seine Zeilen an Bundespräsident Ueli Maurer (68)
Zur Erinnerung: Am letzten Freitag hat der Bundesrat entschieden, das Rahmenabkommen (noch) nicht zu unterzeichnen. Zuerst will Bern drei wichtige Bereiche klären, sprich nachverhandeln: Keim Lohnschutz, der Unionsbürgerrichtlinie und den staatlichen Beihilfen.
Gespräche in den nächsten Tagen
Juncker bietet dem Bundesrat im Antwortschreiben Gespräche «in den nächsten Tagen» an, um die offenen Fragen beim Rahmenabkommen zu klären. «Ich bin bereit, sämtliche Zweifel zu zerstreuen», schreibt er. Nun muss es aber sehr schnell gehen: Die EU-Kommission will die Beziehungen zur Schweiz dann in einer «wichtigen Sitzung» am 18. Juni bewerten, schreibt Juncker. Das heisst: Bis am nächsten Dienstag müssen die grossen Differenzen überwunden sein.
Über die Börsenäquivalenz steht nichts im Antwortbrief. Die EU hatte diese bis 30. Juni befristet verlängert und drohte stets, sie nicht mehr zu erneuern. Schweizer Politiker mutmassen, dass angebotenen Gespräche in den nächsten Tagen dazu führen, dass die Schweizer Börse nochmals befristet anerkannt wird.
Zum Fakt, dass der Bundesrat zumindest in Aussicht stellt, das Abkommen zu unterzeichnen, wenn die offenen Punkt geklärt werden, schreibt Juncker: «Ich möchte dies als einen positiven Schritt sehen, der erlauben würde, diesen wichtigen Rahmenvertrag sobald wie möglich gemeinsam zu unterzeichnen.» Daher sei er offen, mit der Schweiz über Präzisierungen zu diskutieren und wenn nötig, das in einer oder mehreren zusätzlichen Deklarationen festzuhalten.
Lohnschutz bleibt Stolperstein
Die Klarstellungen dürften jedoch dem Geist des Vertrages nicht widersprechen, der fertig verhandelt worden sei. Eigentliche Nachverhandlungen gebe es aber keine, machte Juncker in dem Schreiben erneut klar. Die Schweiz müsse verstehen, dass ihre Forderungen «im aktuellen politischen Kontext» für die EU schwierig seien. Der Luxenburger tritt Ende Oktober als EU-Chef ab. Er will bis dann das Abkommen unter Dach und Fach bringen.
Bei der Unionsbürgerrichtlinie und allenfalls auch bei den staatlichen Behilfen sind Klärungen womöglich in einigen wenigen Tagen möglich - sofern die EU der Schweiz substanziell entgegen kommt. Wie beim umstrittensten Bereich, dem Lohnschutz, eine Einigung nach fünfjährigen, intensiven Verhandlungen jetzt in so kurzer Zeit möglich sein soll, ist jedoch fraglich.
Gewerkschaften: «So schnell geht es nicht»
Wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter (55) am letzten Freitag sagte, müsse man sich jetzt zuerst in der Schweiz einigen, was es beim Lohnschutz genau brauche. Ziel ist es, die SP und Gewerkschaften wieder ins Boot zu holen. Dann will der Bundesrat nochmals nach Brüssel reisen. Juncker schaltet jetzt aber mindestens drei Gänge hoch.
Zum Ärger der Gewerkschaften. Adrian Wüthrich (39), Präsident von Travailsuisse, sagt in einer ersten Reaktion zu BLICK: «So schnell geht es nicht.» Der Bundesrat will sich noch nicht zu Junckers Zeilen äussern. «Wir haben den Brief zur Kenntnis genommen», sagt Sprecher André Simonazzi (51) einzig.