Qual der Wahl bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative
Soft, hart oder Hochrisiko

Jetzt ist das Zeitfenster offen, um einen Deal mit der EU zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative abzuschliessen. In den nächsten Tagen sollen Treffen zwischen Schweizer und Brüsseler Unterhändlern stattfinden.
Publiziert: 02.07.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 08:20 Uhr
Jetzt ist das Zeitfenster offen, um einen Deal mit der EU zur Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative abzuschliessen.
Foto: KEYSTONE/CHRISTIAN BEUTLER
Nico Menzato

Pa­rallel zum Treffen zwischen Schweizer und Brüsseler Unterhändlern hat sich das Parlament an die Umsetzung der am 9. Februar 2014 vom Volk angenommenen SVP-Initiative gemacht. Ohne Entscheide zu fällen.

Sollte die EU Kontingente nicht akzeptieren – also mit der Schweiz keinen oder nur einen Mini-Deal eingehen – hat das Parlament fünf Optionen.

Option 1: Hardliner-Gesetz

Das Parlament sucht bewusst die Konfrontation mit Brüssel und verabschiedet ein Gesetz im Sinn der SVP, das Kontingente, einen Inländervorrang oder eine scharfe Schutzklausel vorsieht. In der Hoffnung, Brüssel akzeptiere dies stillschweigend und verhänge keine scharfen Gegenmassnahmen. Damit riskiert Bern den Wegfall der Personenfreizügigkeit oder gar der Bilateralen. Ob ein solches Gesetz Wirkung hätte, ist fraglich: Laut dem Bundesgericht geht das Personenfreizügigkeitsabkommen einem Gesetz zur Masseneinwanderungs-Initiative vor.

Option 2: Softie-Gesetz

Bundesbern drosselt mit einem Gesetz die Zuwanderung – ohne die Personenfreizügigkeit zu tangieren. Dieses könnte darauf fokussieren, das inländische Arbeitskräftepotenzial besser auszuschöpfen. Der Effekt auf die Zuwanderung wäre bescheiden. Die SVP käme in Zugzwang und würde wohl das Referendum ergreifen. Vorteil: Ein Volksmehr würde ausreichen, um dem Gesetz zum Durchbruch zu verhelfen. Nachteil: Verfassung und Gesetz widersprächen sich diametral.

Option 3: Zurück auf Feld null

Das Parlament könnte auf tutti gehen und die Rasa-Initiative dem Volk ohne Gegenvorschlag vorlegen. Diese verlangt die ersatzlose Streichung des Masseneinwanderungs-Verfassungsartikels. Eine Hochrisiko­strategie: Falls das Volk Nein sagt, stünde man vor einem Scherbenhaufen.

Option 4: Zurück auf Feld eins

Ein Gegenvorschlag zur Rasa-Initiative, der den Masseneinwanderungs-Artikel in der Verfassung abschwächt. Das Ziel, die Zuwanderung zu senken, hätte Bestand – jedoch mit anderen Mitteln als Kontingenten. Ein Gesetz würde später folgen. Bei der Abstimmung wäre eine höhere Hürde nötig als beim Softie-Gesetz. Denn neben dem Volk müsste eine Mehrheit der Stände zustimmen.

Option 5: Kombo-Menü

Parteistrategen brüten über ­einer Kombination von Option 2 und Option 4 – also einem Gesetz samt abgeschwächtem Verfassungsartikel. Das Volk könnte im Wissen, wie das konkrete Gesetz aussieht, über die Verfassung abstimmen. Analog zum Vorgehen bei der Präimplanta­tionsdiagnostik. Das Gesetz stünde dann im Einklang mit der Verfassung.

Option 1 und Option 3 sind derzeit unrealistisch. Das Risiko eines Bruchs mit der EU ist vielen Politikern zu hoch. Wahrscheinlicher ist, dass es auf eine der drei anderen Varianten hi­nausläuft. Sicher ist, dass sich das Volk noch mindestens einmal zur Zuwanderungsfrage äussert.

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