Es geht ans Tschüss-Sagen im Bundeshaus. Heute verbringen zahlreiche National- und Ständeräte ihren letzten vollen Sessionstag in der Wandelhalle. Morgen steht nur noch eine Morgensitzung mit Schlussabstimmungen und anschliessendem Apéro an.
Bis dann haben aber alle Volksvertreter noch einiges zu erledigen – auch jene, die sich der Wiederwahl stellen. Es geht ans Eingemachte: Gemäss Weisungen der Parlamentsdienste müssen alle ihr Pult räumen.
Auch die zugeteilten Schublädchen im Vorzimmer müssen geleert werden. Die Schlüssel sollen bitte da gelassen werden – schliesslich weiss niemand zu 100 Prozent, wer im Dezember zurückkommen darf und wieder ein Fächli erhält.
Auch vom «Pager», den die Politiker stets mit sich tragen, müssen sie sich trennen. Für viele war dieser ein treuer Freund. Er alarmierte sie in den letzten vier Jahren stets, wenn Abstimmungen im Saal anstehen. Für Raucher etwa war er unverzichtbar.
Im Bundeshaus herrscht Melancholie – das Kafi mit der Ratskollegin heute Morgen könnte schliesslich das letzte gewesen sein. Tatsächlich haben die meisten Politiker den fiesen Brief vorsorglich direkt im Altpapier deponiert – aus den Augen, aus dem Sinn!
Abgerechnet wird am 18. Oktober trotzdem – und wer im Dezember wieder kommt, hat für vier Jahre «Ruhe« vor dem Stimmvolk.
Einige jener, die freiwillig gehen, haben schon heute Tschüss gesagt. Der Zürcher SVP-Vertreter Max Binder verabschiedete sich im Anschluss an ein Votum für die steuerliche Entlastung von Pistenfahrzeugen am Donnerstag sichtlich bewegt von seinen Ratskolleginnen und Ratskollegen.
Es gebe Dinge, die man nicht mit Geld bezahle, sondern mit einem Dank, einer kleinen Aufmerksamkeit, einem Lächeln. «Ich danke Ihnen!», sagte er in den Saal und erntete für seine Emotionen Szenenapplaus. Binder war 24 Jahre Mitglied des Nationalrats.
Damit zog er mit dem Zürcher SP-Vertreter Andreas Gross gleich. Dessen Schlusspunkt war weniger emotional, dafür intellektuell umso anregender. Bei der Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen berief Gross Visionäre der Geschichte zu Kronzeugen dafür, dass eine Utopie nicht mit einer Illusion verwechselt werden dürfe. «Wir sind so geworden, dass wir mit Utopien total überfordert sind», gab er zu bedenken. (vuc/sda)