Bern, 9. März 2009: SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli lässt sich in der Fragestunde über den Begriff der «groben Steuerhinterziehung» aus, den Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf gebraucht hatte: «Solche Kreationen, um nicht zu sagen verbalen Dummheiten, kosten uns Milliarden.» Das ist wiederum zu viel für Nationalratspräsidentin Chiara Simoneschi-Cortesi (CVP). Sie übt ihr Amt nach eigenen Angaben «gerecht, aber streng» aus und stellt Mörgeli kurzerhand das Mikrofon ab.
Bis zu seiner Nichtwiederwahl im letzten Herbst war er der Wadenbeisser, der Krachmacher, der Provokateur der SVP. Berechnet teilte er Beleidigungen aus, provozierte gekonnt auf Facebook und Twitter und konterte jeden Angriff. Wenn ihn jemand in die Ecke drängte wie die «Rundschau» des Schweizer Fernsehens, dann schoss er zurück: «Ja, sind Sie denn vom Aff bisse?»
Die Grenzen des Erträglichen ausloten
Diese Rolle braucht es neben Albert Rösti, dem neuen umgänglichen, weichen Präsidenten dringender denn je. Übernommen hat sie Roger Köppel. Viel bewegt hat er in seinen ersten Monaten als Nationalrat nicht – ausser die Gemüter. Doch genau das ist auch seine Aufgabe. Sachpolitiker, die sich in den Kommissionen über das Kleingedruckte beugen, gibt es mehr als genug. Köppel soll tun, was er am besten kann: provozieren und dabei auch die Grenzen des Erträglichen ausloten. Das zeigt sein Angriff auf Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die nach dem Rücktritt von Widmer-Schlumpf die neue Lieblingsfeindin der SVP ist.
Köppel tut das lustvoll und kalkulierend, wie sein gestriger Auftritt beweist. Als Sommaruga den Saal verlässt und seine Angriffe Widerspruch in Saal auslösen, huscht ein zufriedenes Lächeln über sein Gesicht.
Einflussreicher als sein Vorgänger
Wie Mörgeli einst hat auch Köppel das uneingeschränkte Vertrauen von SVP-Silberrücken Christoph Blocher. Doch Köppel ist gleichzeitig einflussreicher als sein Vorgänger. Er versteht es meisterlich, die Basis auf seine Seite zu ziehen. Und er hat mit der «Weltwoche» eine Zeitschrift, die er als Werkzeug für Parteipolitik einsetzen kann. Sein Potenzial, dem politischen Gegner Schaden zuzufügen, ist damit um einiges grösser.