Zur Demonstration aufgerufen hatte der Schweizer Physiotherapie-Verband Physioswiss, der etwa 11'000 Mitglieder zählt. An der knapp zweistündigen Kundgebung nahmen über 10'000 Personen teil, wie Florian Kurz, Sprecher von Physioswiss, sagte.
Die Organisatoren und Organisatorinnen verteilten den Teilnehmenden violett-gelbe Schals auf welchen die Forderung «Sparen ja, aber nicht auf unserem Rücken. Nein zum Tarifeingriff» aufgedruckt war.
Die Demonstrierenden gaben lautstark ihren Unmut bekannt. Auf Plakaten stand auch «Qualitätskriterien Ja, Lohnsenkungen Nein» oder «ohne uns wird's teurer». Die Demonstration vereinte Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten aus allen Landesteilen.
«Physiotherapie am Abgrund»
Für die Demonstration errichtete der Verband eine Bühne auf dem Bundesplatz, auf der Politikerinnen und Verbandsmitglieder Reden hielten. Der Anlass verlief friedlich, wie ein Reporter der Nachrichtenagentur Keystone-SDA vor Ort feststellte.
Zudem überreichte Physioswiss der Bundesverwaltung die Petition mit dem Titel «Physiotherapie am Abgrund». Damit stellen sich die Unterzeichnenden gegen die geplante Tarifänderung.
Der Bundesrat hatte eine Verordnungsänderung im August in die Vernehmlassung gegeben, die Frist für die Einreichung von Stellungnahmen endete am Freitag. Inkrafttreten sollen die Änderungen nach dem Willen der Landesregierung Anfang 2025.
Gemäss Bundesrat sollen die heute gültigen Pauschalen für die Abgeltung von Physiotherapie-Sitzungen durch die Krankenkassen durch ein abgestuftes System ersetzt werden, das sich stärker auf die Dauer einer Physiotherapie-Sitzung stützt.
Physiotherapeuten fordern Stopp des Tarifeingriffs
Die Physiotherapeuten sehen darin eine Tarifkürzung durch die Hintertür. Es gehe lediglich darum, Kosten einzusparen und die Zahl der Behandlungen zu senken. Dadurch drohe eine Versorgungslücke für alle: «Noch mehr von uns Physiotherapeutinnen werden gezwungen sein, den Beruf zu wechseln oder ihre Praxis zu schliessen.»
Konkret fordert Physioswiss einen Stopp des Tarifeingriffs, neue Verhandlungen mit den Krankenversicherern und kostendeckende Tarife für ihre Leistungen.
Die Tarife für physiotherapeutische Leistungen in der obligatorischen Krankenversicherung sind im Grundsatz seit den späten 1990er-Jahren unverändert - trotz Teuerung. In den letzten drei Jahrzehnten scheiterten mehrere Versuche einer umfassenden Revision, weil sich die Tarifpartner nicht einigen konnten.
Demo bewilligt – trotz allgemeinem Verbot
Die Kundgebung wurde von der Stadt Bern bewilligt, wie diese auf Anfrage bestätigte. Dies, obwohl die Stadt vergangene Woche mitgeteilt hatte, dass sie vom 17. November bis Weihnachten keine Grosskundgebungen und Umzüge in Berns Innenstadt bewilligen würde.
«Das Gesuch von Physioswiss wurde vor Monaten eingereicht», begründete Reto Nause (Mitte), Berner Sicherheitsdirektor, die Erteilung der Bewilligung gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Zudem sei das Sicherheitsrisiko tief, was geringe polizeiliche Ressourcen bedeute. (SDA)