In der Schweiz sollen künftig nicht nur physische, sondern auch verbale Angriffe gegen Lesben und Schwule strafrechtliche Konsequenzen haben. Darum geht es bei der Ausweitung der Rassismus-Strafnorm, über welche die Schweiz im Februar abstimmt. Wer zu Diskriminierung und Hass von Homosexuellen aufruft, soll im schlimmsten Fall bis zu drei Jahre ins Gefängnis.
Genau zwei Monate vor der Abstimmung hat die SP heute den Startschuss für den Abstimmungskampf gegeben. An sich nichts Aussergewöhnliches, wäre da nicht die Rednerin, die man eingeladen hat: Corine Mauch (59), Stadtpräsidentin von Zürich und die wohl berühmteste lesbische Politikerin der Schweiz.
Letzteres mag ein guter Grund sein für ihr Engagement. Ersteres macht dieses Engagement aber höchst problematisch. Denn Regierungsmitglieder – seien es Bundesräte, Regierungsräte oder eben auch Stapis – dürfen sich in der Regel nicht in Abstimmungskämpfe einmischen.
Einmischung ist problematisch
«Eine Einmischung ist nur erlaubt, wenn eine besondere Betroffenheit vorliegt», sagt Markus Schefer (54), Staatsrechtler an der Uni Basel. Dabei geht es nicht darum, inwiefern eine Sache jemanden persönlich betrifft. Im Falle von Stadtpräsidentin Mauchs muss Zürich besonders betroffen sein, damit sie sich öffentlich zu einem Abstimmungsgegenstand äussern dürfte.
Beim Verbot der Homo-Hetze ist das zumindest zweifelhaft. Mauch selbst sagte in ihrer Rede an der heutigen Medienkonferenz, dass «gerade Städte und städische Gemeinden ein Interesse daran» hätten, «dass ihre Einwohnerinnen und Einwohner aufgrund ihrer sexuellen Orientierung nicht diskriminiert oder ausgegrenzt werden dürfen». Sie begründete dies damit, dass es in Städten grossen LGBTI-Communitys gibt. Allerdings betonte sie auch, dass die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm «kein spezifisch städtisches Anliegen» sei.
Auch Lukas Wigger, Kommunikationschef von Mauchs Präsidialdepartement, argumentiert auf Nachfrage von BLICK mit der schweizweit grössten LGBTI-Gemeinschaft in Zürich. Mauch habe bei diesem Thema ganz verschiedene Hüte auf: Sie spreche als lesbische Frau, als Zürcher Stapi, als SP-Mitglied und als Vize-Präsidentin des Städteverbands. Ausserdem handle es sich um zwei verschiedene staatliche Ebenen – die Vorlage ist national, Mauch eine Kommunalpolitikerin.
«Mauch soll Politik machen, wo es sie etwas angeht»
Bei der SVP sieht man das anders. «Das Gesetz hat überhaupt nichts spezifisch mit der Stadt Zürich zu tun», regt sich Mauro Tuena (47), Präsident der SVP der Stadt Zürich, auf. Sonst könne man bei jedem Gesetz ein besonderes Interesse Zürichs konstruieren – rein aufgrund der Bevölkerungszahl Zürichs, gibt der Nationalrat zu bedenken. «Ich würde mir wünschen, dass Frau Mauch dort Politik macht, wo es sie auch etwas angeht», so Tuena. Zudem sollten sich Exekutivmitglieder in Abstimmungskämpfen zurückhalten. Das sei Sache der Parteien und Interessensgruppen.
Für Mauch könnte die Einmischung Konsequenzen haben. Bei der Kantonsregierung kann eine Beschwerde eingereicht, der Fall theoretisch bis ans Bundesgericht weitergezogen werden. Doch zumindest von Seiten Tuenas hat Mauch ausser dem Rüffel nichts zu befürchten. Als Politiker löse er Probleme lieber politisch als juristisch, sagt Tuena. «Ich appelliere einfach an den gesunden Menschenverstand. Und der fehlt hier bei Frau Mauch eindeutig.»