Dietrich Pestalozzi (71) war bis diesen Sommer Verwaltungsratspräsident der Pestalozzi AG. Er hatte das Familienunternehmen bis 2014 geleitet und sass über 40 Jahre im Verwaltungsrat. Die Firma mit Sitz in Dietikon ZH beliefert Baustellen und Werkstätten mit Stahl- und Metallteilen. 300 Mitarbeiter an zwei Standorten sind bei Pestalozzi beschäftigt.
Dietrich Pestalozzi (71) war bis diesen Sommer Verwaltungsratspräsident der Pestalozzi AG. Er hatte das Familienunternehmen bis 2014 geleitet und sass über 40 Jahre im Verwaltungsrat. Die Firma mit Sitz in Dietikon ZH beliefert Baustellen und Werkstätten mit Stahl- und Metallteilen. 300 Mitarbeiter an zwei Standorten sind bei Pestalozzi beschäftigt.
Herr Pestalozzi, Sie machen sich als ehemaliger Patron schon seit längerem für die Konzernverantwortungs-Initiative stark. Warum?
Dietrich Pestalozzi: Es ist doch unglaublich: Schweizer Firmen vergiften im Ausland Flüsse, Bauern werden vertrieben, und Menschen werden krank. Und die Betroffenen haben keine Chance, sich zu wehren. Dagegen müssen wir etwas unternehmen.
Eine Mehrheit der Wirtschaft stellt sich aber gegen die Initiative. Ein Fehler?
Ja, aus meiner Sicht ist die Initiative im Interesse der Wirtschaft. Es geht um den Ruf der Konzerne – und Meldungen wie die obigen schaden diesem. Zudem bin ich überzeugt, dass die Schweizer Firmen an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen, wenn sie sich korrekt verhalten. Mit der Initiative gehen wir mit einer Entwicklung in Europa und der ganzen Welt mit.
Die Gegner warnen, dass die Initiative vor allem extrem viel Aufwand für Firmen bedeuten würde.
Die Sorgfaltsprüfung ist keine Hexerei! Das machen wir schon heute, indem wir regelmässig mit unseren Lieferanten sprechen. Aber auch die Haftung ist unternehmerfreundlich ausgestaltet. Denn hat man die Sorgfaltspflicht erfüllt, kann man das als Entlastungsbeweis verwenden und haftet nicht, obwohl ein Schaden entstanden ist.
Welche Folgen hätte ein Ja für Ihre Firma?
Bei uns würde sich nichts ändern. Für Firmen wie wir, die in der Schweiz tätig sind und keine Tochterfirmen im Ausland haben, hat die Initiative keine grossen Konsequenzen. Anders sieht es aus, wenn man eigene Geschäftsaktivitäten im Ausland hat und einem die Menschenrechte und die Umwelt bisher egal waren.
Wird die Initiative abgelehnt, tritt der Gegenvorschlag in Kraft. Warum reicht der nicht?
Viele Unternehmen tun ja heute schon freiwillig, was die Initiative für verbindlich erklären will. Die andern aber werden mit dem Gegenvorschlag nichts ändern. Dazu braucht es mehr als die dort vorgeschriebene Pflicht, einen Bericht zu veröffentlichen.
Yannick Berner (27) ist Leiter Digital und Marketing bei der Urma AG in Rupperswil AG. Die Firma mit 150 Mitarbeitern und Standorten weltweit vertreibt Werkzeugmaschinen und stellt selbst Werkzeuge her. 95 Prozent des Geschäfts macht sie im Ausland. Berners Vater leitet das Familienunternehmen, der Sohn möchte später einmal übernehmen.
Yannick Berner (27) ist Leiter Digital und Marketing bei der Urma AG in Rupperswil AG. Die Firma mit 150 Mitarbeitern und Standorten weltweit vertreibt Werkzeugmaschinen und stellt selbst Werkzeuge her. 95 Prozent des Geschäfts macht sie im Ausland. Berners Vater leitet das Familienunternehmen, der Sohn möchte später einmal übernehmen.
Herr Berner, warum sind Sie gegen die Konzernverantwortungs-Initiative?
Yannick Berner: Die Initiative ist sehr gut gemeint, und deren Anliegen sind berechtigt. Aber sie schiesst am Ziel vorbei. Sie würde vor allem uns KMU und nicht die grossen Konzerne in die Pflicht nehmen. Letztere würden bestimmt ein Schlupfloch finden, um die Regeln zu umgehen. Für uns aber wären sie schwierig umzusetzen.
Schadet die Initiative der Schweizer Wirtschaft?
Ja, denn die Schweiz wäre das einzige Land mit solch strengen Regeln. Firmen könnten hierzulande angeklagt werden, um ein Exempel zu statuieren. Ausserdem: Wir können nicht alle Zulieferer kontrollieren! Wir müssten die Verantwortung auf sie abwälzen – und das machen sie nicht mit. Damit schadet die Initiative dem Standort Schweiz.
Was würde ein Ja für Sie denn ganz konkret bedeuten?
Nehmen wir ein Beispiel. Wir haben einen amerikanischen Zulieferer für Werkzeugmaschinen. Diesen müssten wir verpflichten, dass er eine Sorgfaltsprüfung macht. Gerade die Amerikaner werden sich darauf nicht einlassen. Wir würden den Zulieferer also verlieren – und mit ihm 25 Arbeitsstellen bei uns.
Aber die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards auch bei Lieferanten sollte doch im Interesse eines verantwortungsbewussten Unternehmens sein.
Wir setzen jetzt schon alles daran, um die Sorgfaltspflicht zu gewährleisten. Aber wir schliessen mit unseren Partnern dafür keine Verträge ab, sondern suchen sie uns einfach gut aus. Die Initiative würde viel zusätzlichen Aufwand bedeuten, der in keinem Verhältnis zum Nutzen stünde.
Sie plädieren für den Gegenvorschlag. Was wird durch diesen besser?
Der Gegenvorschlag ist eine Verbesserung, weil er die Konzerne in die Pflicht nimmt – ohne den Werkplatz Schweiz zu benachteiligen.
Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.
Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.
Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.
BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.
Am 29. November stimmt die Schweiz über die Konzernverantwortungs-Initiative ab. Sie will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz dafür haften, wenn sie, ihre Tochterfirmen oder andere kontrollierte Unternehmen im Ausland gegen Menschenrechte oder Umweltstandards verstossen. Im Rahmen einer Sorgfaltsprüfung müssen Unternehmen künftig mögliche Risiken erkennen und geeignete Massnahmen dagegen ergreifen. Diese Sorgfaltspflicht gilt für alle Unternehmen in der Lieferkette.
Dagegen sind Bundesrat und Parlament. Sie argumentieren, dass ein Ja ein Alleingang der Schweiz wäre, der vor allem dem Wirtschaftsstandort schaden würde. Dem Nein-Lager gehören CVP, FDP und SVP an, dazu kommen die Wirtschaftsverbände, allen voran der Dachverband Economiesuisse. Sie befürchten eine Schwächung der Schweizer Unternehmen, den Rückzug von KMU aus Entwicklungsländern, zu viel Bürokratie und erpresserische Klagen.
Dafür sind neben den über hundert Nichtregierungsorganisationen, welche die Initiative ergriffen haben, SP, Grüne, GLP, EVP und BDP. Dazu kommt ein bürgerliches Komitee mit Vertretern von CVP und FDP.
BLICK beantwortet hier die wichtigsten Fragen zur Initiative.