PRO
«Service public schafft Zusammenhalt»
Letzte Woche lief in der Televisiun Rumantscha ein Film über einen Jäger in der Val Lumnezia, der während der Jagd getötet wurde. Der Fall konnte nie restlos aufgeklärt werden. Diese Woche stand „Jeder Rappen zählt“ auf dem Bundesplatz: Besonders viele Jugendliche legten ihre Spende in die Box. Auf SRF 1 höre ich am Morgen die Nachrichten: kompakt und klar. Nur drei von vielen Beispielen aus den Programmen der SRG: Ein Angebot auf nationaler Ebene und in allen vier Landessprachen.
Die Schweiz in ihrer Kleinräumigkeit ist gross in ihrer politischen und kulturellen Vielfalt. Wer gibt dieser Vielfalt eine Öffentlichkeit? In der Deutschschweiz, in der Suisse romande, in der Svizzera italiana und in der Svizra rumantscha? Die dezentralen Strukturen und Angebote der SRG, ganz im Sinne des föderativen Gedankens unseres Landes, haben ihren Preis. Dafür hat die SRG differenzierte Programmangebote in allen Sparten - auch im Sport und in der Unterhaltung.
Eine Vielzahl von privaten Radio und Fernsehstationen ergänzen das Angebot der SRG, besonders in der lokalen Berichterstattung. Mit dem neuen Radio- und Fernsehgesetz wird der Gebührenanteil für die 34 konzessionierten privaten Radio- und Fernsehstationen um bis zu 50% erhöht, dies notabene zulasten der SRG.
Für eine umfassende und vielfältige Medienlandschaft in unserem direktdemokratischen Land ist das «duale» System von Radio- und Fernsehsendungen mit einer starken unabhängigen SRG und mit komplementären privaten Regionalsendern zentral. Wir sind gut beraten dem heutigen System Sorge zu tragen.
KONTRA
«Paradoxe Mediendebatte»
Der freie Austausch verschiedener Meinungen ist Kernstück jeder Demokratie. Voraussetzung und Grundlage hierfür ist eine möglichst vielfältige Medienlandschaft. Dank neuer Technologien, vor allem dank des Internets, stehen heute Angebote in bislang unbekannter Fülle zur Verfügung – sei es im Bereich Information, Unterhaltung, Kultur oder auch Sport. Das technologische Umfeld hat sich seit Erlass des Radio- und Fernsehgesetzes und seit Formulierung der SRG-Konzession massiv verändert. Vor dreissig Jahren gab es noch kaum lokale Radio- und Fernsehstationen, und es existierten weder YouTube noch Facebook.
Ungeachtet dieser veränderten Realitäten führt die Politik heute eine Debatte, welche eher ins Umfeld von Radio Beromünster passt als in die heutige moderne Welt. Es ist absurd, dass ausgerechnet heute die Angebote und Tätigkeiten der SRG und der Ruf nach weiteren staatlichen Interventionen immer mehr zunehmen. Die Forderung der Eidgenössischen Medienkommission nach staatlichen Subventionen für Online-Plattformen dokumentiert dies anschaulich.
Man würde meinen, wer Fördergelder im Online-Bereich postuliert, sei über die herrschende Angebotsvielfalt und den funktionierenden Wettbewerb im Internet nicht im Bilde. Doch weit gefehlt: Aus dieser Forderung spricht eine staatsgläubige Grundhaltung, welche davon ausgeht, dass Private nicht in der Lage seien, qualitativ gute Angebote zu liefern. Darum möchten diese Kreise die SRG weiter stärken und auch andere ausgesuchte Medien finanziell unterstützen.
Aus meiner Sicht der völlig falsche Weg: In einer freien Demokratie ermöglichen private Anbieter – und nicht staatliche Instanzen – den freien und kritischen Meinungsaustausch. «Service public» soll darum nur Leistungen umfassen, welche der Staat zwingend erbringen muss, welche Private aber nicht anbieten können oder wollen. Nur dort, wo kein entsprechendes Angebot privater Medienanbieter vorliegt, muss ein Auftrag an die SRG geprüft werden. Im Internet und im Printbereich besteht schlicht keine Notwendigkeit für staatliches Aktivwerden.